Heute in den Nachrichten (nur knapp und fast schamhaft erwähnt und von einer Direkt-Übertragung im O-Ton aus einem wohl existentiell noch wichtigeren Fußballspiel beinahe verdrängt): 3 deutsche Tote und etliche schwer Verletzte bei einem Selbstmordanschlag in Afghanistan.
Ich fühle voller Grauen mit, was die Verwandten der deutschen Opfer erleiden müssen. Aber ich sehe auch mit Entsetzen, was dem Volk in Afghanistan tagtäglich angetan wird. Ich verstehe nicht, wieso irgendjemand davon ausgehen kann, dies alles, dieser „Krieg gegen den Terror“, der selber Terror ist und Terror erzeugt, ließe sich durch irgendetwas rechtfertigen.
http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,,OID6717172_REF1,00.html
Als ich geboren wurde, lag Deutschland in Trümmern. Den letzten Krieg hatte mein Land angefangen und unsägliche Schuld auf sich geladen und Opfer über Opfer in „Feindesland“ wie im eigenen Land gefordert.
Für mich war eine pazifistische Haltung das Natürlichste von der Welt und das einzig Mögliche und ist es heute ebenso. Aber Pazifismus ist nicht mehr in, wird belächelt und für eine lebensuntüchtige Haltung gehalten.
Die Mahnungen deutscher Künstler ( hier: Käthe Kollwitz) an uns sind bekannt, aber werden nicht befolgt.
Jüngst las ich eine Kritik von Jan Philipp Reemtsmar über Wolfgang Borchert (http://www.trend.infopartisan.net/trd0199/t370199.html), der diesem vorwarf, nur die Opfer und Verluste der deutschen Bevölkerung beklagt und die politische Dimension des 2. Weltkriegs, den Faschismus nicht thematisiert zu haben. Wenn ich Borchert heute lese, wundere ich mich tatsächlich auch über die totale Abwesenheit dieser Dimension.
Aber ich unterschreibe heute wie vor 40 Jahren, als ich ihn zum ersten Mal las, das, was er damals an Konsequenz aus seinen Kriegserfahrungen gezogen hatte:
„Du Mutter in der Normandie und Mutter in der Ukraine, du, Mutter in Frisko und London, du, am Hoangho und am Mississippi, du Mutter in Neapel und Hamburg und Kairo und Oslo – Mütter in allen Erdteilen, Mütter in der Welt, wenn sie morgen befehlen, ihr sollt Kinder gebären, Krankenschwestern für Kriegslazarette und neue Soldaten für neue Schlachten, Mütter in der Welt, dann gibt es nur eins:
Sagt NEIN! Mütter, sagt NEIN!“
(Wolfgang Borchert: „Dann gibt es nur eins!“ 1947)