Anmerkungen zur Kleinkinderbetreuung V

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Wer braucht die frühe Förderung am nötigsten?

In der beim vorletzten Posting zum Thema schon erwähnten PISA-Studie taucht eine „Risikogruppe von knapp 25% aller Jugendlicher auf, die etwa zur Hälfte aus Migrantenkindern und zur Hälfte aus deutschen Kindern besteht. Diese Jugendlichen erreichen in Deutschland nicht bzw. nicht wirklich eine Schulqualifikation, wie sie ein Hauptschulabschluss darstellt. Damit hat diese Gruppe innerhalb unserer Gesellschaft die denkbar schlechtesten Berufs- und Zukunftschancen.
Zusammen mit dem schon erwähnten Ergebnis können wir ganz grob davon ausgehen, das etwa ein Viertel unserer Kinder mit schlechten familiären Voraussetzungen in die Schule startet, um dann im Verlaufe seiner Schullaufbahn zunehmend zu versagen und den bildungsmäßigen Anschluss zu verpassen.
Unser Schulsystem reagiert auf diese Ausgangsbedingungen einer so großen Zahl scheinbar nicht wirklich schulfähiger Kinder wenig engagiert. Man macht schulischerseits den Eltern Vorwürfe dafür, dass sie ihre Kinder nicht besser vorbereitet haben.
Eine frühkindliche öffentliche Erziehung könnte hier Mängel der familialen Erziehung und Förderung kompensieren und ausgleichen.

Dass sich gerade die Familien dieser Kinder nicht um die Krippenplätze reißen werden, ist aus verschiedenen Gründen zu befürchten.
Aber wenn das auch noch mit Geld honoriert würde, hätte z.B. ein Mitarbeiter des Jugendamtes keine Chance mehr , eine Familie für eine angemessene Förderung des Kindes notwendigen Krippenbesuch zu erwärmen:
Viele brauchen das Geld dringend. Eine Akademikerfamilie wird sich von 150 Euro nicht beeindrucken lassen. Für eine Familie, die von Hartz IV lebt, sind diese 150 Euro ein echtes Argument.
Anderen wiederum fehlt die Bildungsvoraussetzung  und das Verständnis für die Notwendigkeit und die Unterstützung, die eine solche Förderung für ihr Kind bedeuten würde.

Statt nun diese Tendenz auch noch zu unterstützen und damit die Risikogruppe und den korrelativen Zusammenhang zwischen bildungsfernem Milieu und mangelndem Schulerfolg noch weiter in die Höhe zu treiben, wäre eine totae Kehrtwende in der Bildungspolitik gegenüber diesen Kindern und ihren Familien notwendig:

  • gezielte Förderung gerade der Kinder mit schlechten Voraussetzungen
  • gezielte Begabtenförderung von Kindern aus solchen Elternhäusern

Denn auch Politiker, denen es nicht um Chancengleichheit und Menschenwürde und um soziale Gerechtigkeit der Betroffenen geht, müssten doch zumindest allmählich einmal kapieren, welche enormen Bildungsreserven in unserer Gesellschaft ungenutzt vor die Hunde gehen, weil die Gesellschaft die Kinder dieser gesellschaftlichen Schichten und Gruppen auf ihren schlechten Voraussetzungen einfach hocken lässt.
Statt diesen Familien Vorwürfe zu machen und sie immer weiter auszugrenzen, sollte sich unsere Gesellschaft zudem fragen lassen, wie es dazu kommt, dass in solchen Größenordnungen Familien ihren Kindern heute keine ausreichende kognitive Förderung angedeihen lassen und warum diese Menschen in hohem Masse sozial benachteiligt sind. Ich denke, unsere Gesellschaft produziert solche Lebenslagen erst und dann grenzt sie die Menschen einfach aus.  

 

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