Nach den Anstrengungen und auch den emotionalen Verwirrungen in einer quasi neo-feudalen Zeit in einem postsozialistischen Land erschien uns Helsinki als reine Erholung!
Schon die Einfahrt in den kleinen, überschaubaren Hafen gefiel mir ausnehmend gut.
Aber : Nur ein halber Tag für das Land der tausend Seen, was konnte man da schon sinnvolles machen?
Der langen Busfahrten und Besichtigungen müde hatten wir uns zu einer Bootsfahrt zwischen den Schären Helsinkis angemeldet und wurden bei angenehmer Brise eineinhalb Stunden zwischen kleinen und größeren, bewohnten und unbewohnten Inselchen hin und hergegondelt, meistens mit Blick auf die „Skyline“ von Helsinki, das Gesicht der Sonne und dem Wind ausgesetzt…
Das Beste an dieser Fahrt zwischen den vor allem gehbehinderten Mitreisenden unserer Passagiercrew war allerdings unsere Reiseleiterin, eine schon ältere, kleine Frau, die auf den ersten Blick aussah wie eine brave, eher hausbackene Endfünfzigerin, die aber, kaum machte sie den Mund auf, von Informationen, trockenem Witz, Ironie und Selbstironie nur so übersprudelte. Sie überfiel uns als erstes mit der Tatsache, dass auch in Finnland Frauen nur etwa 80 Cent verdienen, wo Männer einen Euro bekommen und Schulen und Krankenhäuser immer von männlichen Exemplaren der Spezies geleitet werden. Genderfragen waren aber nicht ihr einziges Spezialgebiet, z.B. wurden wir angesichts eines Schwanenpaares, das friedlich zwischen den Inseln dahinglitt, über die lebenslange Treue mancher Paare im Tierreich informiert aber ebenso auch über die Quadratmeterpreise der Nobelwohngen auf den idyllischen Inseln oder am Hafen.
Neu war mir, dass Finnland schon heute ganz enorm unter dem Klimawandel zu leiden hat. Wir befanden uns gerade am Ende einer für Finnland unglaublichen, 14tägigen Hitzeperiode, bei der es ständig 30 Grad gegeben hatte. Im verglasten Balkon ihrer Wohnung hatte sie schon am Morgen 60 Grad gemessen.
Auch diese Frau strahlte eine gute Portion nationalen Stolzes und nationalen Selbstbewußtseins aus, aber dieses Selbstbewußtsein hatte keine Tendenz, dabei irgend einer anderen Nation an die Karre zu fahren.
Ansonsten überfiel unsere vergnügliche Reiseleiterin dann schließlich doch noch so etwas wie ein missionarisches Sendungsbewußtsein, als es nämlich um das finnische Nationalheiligtum, die Sauna, ging. Dass Kinder in Finnland in der Sauna geboten werden, hatte ich zwar schon gehört. Dass man aber die Toten dort aufbahrt, war mir neu und ich frage mich immer noch, ob ich hier der Selbstironie dieser Dame aufgesessen bin oder ob diese Sitte wirklich existiert.
Auch sie verschwieg uns nicht das Durchschnittseinkommen der Finnen (2500 Euro), wobei das Leben in Finnland teuer ist und z.B. die Rentner kein allzu üppiges Leben haben.
Aber all das mache den Finnen nichts aus. Es gäbe da ein finnisches Wort, das soviel wie Zähigkeit, Kraft, Ausdauer und Mut bedeutet. Ich habe mir dieses Wort natürlich nicht gemerkt, habe noch so einen Klang wie „Saschid“ im Ohr. „Mit Saschid“, so sagt man in Finnland, erzählte sie verschmitzt,“kommt der Finne durch den grauen Granit“.
Ihr jedenfalls konnte man das unmittelbar abnehmen.
Auf dem Rückweg zum Hafen ließen wir uns vom Busfahrer mitten in der Stadt absetzen, um auf eigene Faust den Markt, die alten Markthallen und die Innenstadt von Helsinki zu erleben. Mitreisende hatten mir das wärmstens empfohlen. Die Rückfahrt zum Hafen ließe sich sehr leicht per Taxe bewerkstelligen.
Also schlenderten wir gemütlich für eine gute Stunde durch die alten Markthallen, kauften finnische Süßigkeiten und eine große Tüte getrocknete Steinpilze für kranich, leisteten uns für 3 Euro (1 Bällchen) ein wirklich leckeres Eis.
Wir staunten danach auf dem offenen Markt über das große Angebot an geschmackvollen und wirklich schönen, freilich recht teuren Andenken. Nur mit Mühe konnten wir uns gegenseitig davon abhalten, einen Kuscheltier-Elch zu erstehen, das netteste und wunderbarste Kuscheltier, das ich seit langem gesehen habe. Lieder fehlen uns aber für solche Käufe inzwischen die Alibikinder und meine Tochter meinte, dass sich ihr irisches Aupair-Kind, dem sie ein kleines Geschenk mitbringen will, über ein deutsches Pferd (denn sie liebt Pferde) mehr freuen würde als über einen finnischen Elch, womit sie wahrscheinlich Recht hat…)
Für die Rückfahrt einschließlich Taxissuche hatten wir uns eine halbe Stunde eingeräumt. Um 17.30 Uhr war Einlassschluss auf der Arielle. Um 17.20 Uhr suchten wir noch immer nach einem Taxi. Diese fuhren zwar ständig, mit Passagieren belegt, an uns vorbei, aber keines hielt am davor gekennzeichneten Stand. Mit hängender Zunge, rasendem Puls und dank der guten Englischkenntnisse und Nerven einer Mitreisenden, der wir uns angeschlossen hatte, erwischten wir dann doch ein Taxi. Aallerdings war unser Anlegekai dem Mann am Steuer unbekannt. Dank Stadtplan und trotz Staus – schon mit Blick auf die Arielle, die weiß und unschuldig hinten im Hafenbecken lag – erreichten wir das Schiff in letzter Minute. Eine halbe Stunde später hätte es unerbittlich abgelegt und wir hätten unsere Reise nach Stockholm aus dem Stand heraus und bis zum nächsten Morgen alleine fortsetzen müssen.In Helsinki haben wir uns spontan beide super wohl gefühlt.
Irgendwie hatte ich mit Finnland Kühle, vielleicht auch Steifheit und Distanz verbunden. Helsinki kam uns jedoch unglaublich vertraut, freundlich, übersichtlich, stressfrei und irgendwie so vor, als wären wir hier immer schon gewesen.
Ich denke, Helsinki kam uns so anheimelnd vor, weil wir das Gefühl hatten, wieder zu Hause zu sein, im nordeuropäischen Westen. Viel war so, wie wir es kennen. Und das, was anders war, war durchweg sympathisch und einladend.
Ich werde mir Helsinki und Finnland vormerken als einen von den Orten, die ich noch eimal in Ruhe besuchen möchte.
Nun verstehe ich gar nichts mehr. Haben Sie diese Antwort bekommen?
Liebe Mrs. Tapir, wie ich glaube, herausgefunden zu haben, sind Sie auch Meckie Pilar, nicht wahr?! Dann sind Sie auch Mechthild Seithe. Leider ist Ihre schöne website geschichten-werkstatt.de verschwunden, auf die ich vor ca. 14 Tagen gestoßen war, die mich beeindruckt hatte, und dann war sie einfach weg. Sehr schade. Trotzdem interessiert mich sehr, was Sie schreiben, auch was ich von Ihrem Leben erfahren habe, soweit ich es mir von der schon genannten website gemerkt habe und jetzt hier im Glashaus sehen konnte.
Sie wohnen in Oranienburg und arbeiten in Jena, denke ich. Ich weiß auch nicht, ob dieser Weg der richtige ist, um mit Ihnen Kontakt aufzunehmen, ob Sie diese Nachricht erhalten, ob diese Glashausseite jetzt ihr Forum für all Ihr Geschriebenes ist. Gern würde ich Klarheit in meine Verwirrung bekommen, gern mich einmal mit Ihnen unterhalten.
Meine email-Adresse habe ich angegeben. Da ich auch schreibe, würde ich mich sehr über eine Antwort freuen.
Ich grüße Sie herzlich
Katharina Sommer