Mein Glashaus in einer gläsernen Welt

Vorgestern ist meine Älteste zu einer 4 monatigen Reise nach Nepal aufgebrochen. Heute sehe ich mir im Internet auf ihrer homepage in aller Ruhe die Fotos an, die sie in Istambul gemacht hat und lese ihren Bericht.

what-does-that-mean-marco_.jpg

interessantes Gebäudeteil in Istambul

Sie hat vor, per Bus nach Kathmandou zu reisen und hat dafür 3 Wochen eingeplant. Hoffentlich findet sie unterwegs genug Internet Anschlüsse, damit ihre Mutter mit all den vielen deutschen und ausländischen Freunden zusammen diese Reise per Bild und Text verfolgen kann!

turkish-praying-flags.jpg

türkische Gebetsflaggen

cat-fight.jpg

 fighting cats…

Früher sass man als Mutter in solchen Situationen auf dem Trockenen, hoffte auf Post, vielleicht auf einen kurzen Anruf; vor zwei Jahren hoffte ich noch auf mails. Jetzt schalte ich mein Notebook ein und kann meinerTochter fast auf ihren Teller schauen, von dem sie eben noch gegessen hat. Ich sehe, dass es ihr gut geht an ihrem Lachen, lese, wie anstrengend der Flug war und wie entspanned der Stadtbummel mit ihren Freunden in Istambul gewesen ist. Also, was will Mutter mehr?

Gleichzeitig zeigt meine mailbox an, dass auf der Homepage meiner Jüngsten einer der 12 Freunde, die gemeinsam zur Gruppe „Logbuch Irland“ gehören, um die Reiseberichte aus Dublin lesen zu können und mit meiner Tochter im www zu snacken, einen Kommentar zu G.’s letztem Eintrag geschrieben hat. Auch hier hat Mutter die Ehre mitten im Pulk der Freundinnen und Freunde mit von der partie zu sein. Eben rief sie auch noch an – es klang als wäre sie nebenan – und bat mich, für sie mal eben in ihre mailbox zu schauen, sie käme gerade nicht an den PC. Und so las ich ihr in O. bei Berlin vor, was ihr Conny aus J. nach Dublin geschrieben hatte.

Es hat was, wie man so schön sagt. Und alle Welt kann das alles auch lesen und die Spuren meiner Töchter in der weiten Welt verfolgen. Genauso könnten die beiden das Blog ihrer Mutter in Kathmandou oder Dublin verfolgen, wenn sie es wollen würden (Aber ich werde ihre Spuren wohl interessierter aufnehmen als sie meine).

Man hat den Eindruck, dass unser aller Bestreben nicht in die Richtung geht, unser Privatleben abzuschirmen und vor fremder Einsicht zu schützen, sondern eher dahin, alle Welt an unseren täglichen Nöten und Erfahrungen teilhaben zu lassen.
Ich hörte vor ein paar Tagen einen Radiobeitrag, wo behauptet wurde, die Menschen litten heute unter einer Art Exibitionismus, hätten das Gefühl, nicht wirklich zu existieren, wenn niemand von ihnen Kenntnis nähme.
Warum ereifert sich also Herrr Schäuble eigentlich so?

Sollte jemand meine Spur im WWW verfolgen wollen, so will ich wenigstens dafür sorgen, dass noch ein zweiter Mitarbeiter dafür eingestellt werden muss, damit der eine sich nicht an meiner Datemmenge verschluckt. Es lebe das Internet!

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert