Erich Kästner: Morgen kommt der Weihnachtsmann, allerdings nur nebenan

Vor gut 80 Jahren schrieb Erich Kästner das folgende Weihnachtslied.

Er könnte es heute geschrieben haben, für alle Kinder, die von Hartz IV leben, und für die Weihnachten gezwungenermaßen ausfällt….

 

 

Erich Kästner

Weihnachtslied, chemisch gereinigt

 

 

 

Morgen, Kinder, wird’s nichts geben!

Nur wer hat, kriegt noch geschenkt.

Mutter schenkte euch das Leben.

Das genügt, wenn man’s bedenkt.

Einmal kommt auch eure Zeit.

Morgen ist’s noch nicht soweit.

 

 

 

Doch ihr dürft nicht traurig werden.

Reiche haben Armut gern.

Gänsebraten macht Beschwerden.

Puppen sind nicht mehr modern.

Morgen kommt der Weihnachtsmann.

Allerdings nur nebenan.

 

 

 

Lauft ein bisschen durch die Straßen,

dort gibt’s Weihnachtsfest genug!

Christentum, vom Turm geblasen,

macht die kleinsten Kinder klug.

Kopf gut schütteln vor Gebrauch!

Ohne Christbaum geht es auch.

 

 

 

Tannengrün mit Osrambirnen –

lernt drauf pfeifen! Werdet stolz!

Reißt die Bretter von den Stirnen,

denn im Ofen fehlt’s an Holz!

Stille Nacht und heil’ge Nacht –

Weint, wenn’s geht, nicht! Sondern lacht!

 

 

 

Morgen, Kinder, wird’s nichts geben!

Wer nichts kriegt, der kriegt Geduld!

Morgen, Kinder, lernt für’s Leben!

Gott ist nicht allein dran schuld.

Gottes Güte reicht so weit …

Ach, du liebe Weihnachtszeit!….

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Arme Kinder – arme Gesellschaft!

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Mein Kollege erzählt, in Leipzig und Umland würden 33% aller Kinder von Hartz IV leben müssen. „In Gelsenkirchen sind es 40%“, sage ich und wir sehen beide betreten vor uns hin. Was ist das für eine Gesellschaft? Eine arme Gesellschaft? Wohl kaum. Arm ist sie höchstens in dem Sinne, dass sie einem Leid tun kann, dass so etwas möglich ist.

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Kinderfresserin; Pestsäule aus einem Dorf im Weinviertel bei Wien ;
damals sicher ein Bild, das die überstandene Hungersnot anzeigte;
vielleicht ist es heute mehr als allegorische Darstellung zu sehen:
Gesellschaft frißt ihre Kinder

„In Leipzig gibt es eine Aktion „Weihnachtsgeschenke“ für diese Kinder“, sagt mein Kollege wieter.“Tatsächlich müssen viele der betroffenen Eltern Weihnachten für ihre Kids einfach ausfallen lassen. Und wenn es im Januar dann heißt ‚Bringt euer schönstes Weihnachtsgeschenk mit in die Schule‘, dann bleiben diese Kinder lieber mal zu Hause …. Irgendjemand hat deshalb diese Aktion gestartet: Wenn du in eins der Leipziger Warenhäuser gehst, kann du dir einen der Wunschzettel mit reinnehmen, die solche Kinder verfasst haben und die hier von Helfern an die Bevölkerung weitergegeben werden. Und du kannst dann neben deinen eigenen Einkäufen für einem dieser fremden, armen Kinder den Herzenswunsch erfüllen. 700 solche Weihnachtswunschzettel soll es bisher geben! Und die Leute machen gerne mit“.

Würde ich auch so einen Zettel mitnehmen? Ich denke schon. Warum ist mir dennoch mulmig, als ich diese Geschichte höre?
Weihnachten als Zeiten, wo wir – wenigstens einmal im Jahr – den guten Menschen in uns sprechen lassen? Weihnachten als Zeit, wo uns die Armen einfallen und wir bereit sind, Almosen zu spenden, damit wir ohne schlechtes Gewissen unser Fest feiern können? So was war mir immer verdächtig. Wie der Muttertag, wo die Kinder einmal im Jahr zu ihrem Müttern so sind, wie die sich ihre Kinder das ganze Jahr über wünschen würden?

Aber die Verlogenheit, die in dieser Aktion steckt, die ist es nicht, die mir Bauchweh bereitet.
Ich schäme mich vor allem dafür, in einer reichen Gesellschaft zu leben, die wieder auf das gute Herz der Wohlhabenden setzt statt dafür zu sorgen, dass alle mit guten Chancen heranwachsen und am Wohlstand unserer Gesellschaft teilhaben können.

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Wachmänner in Berliner Schulen

Dieser Schritt hat mich nicht überrascht. Unsere Gesellschaft reagiert auf die Gewalt, die sie selber ständig produziert schlicht mit Gegengewalt oder drohender Gegengewalt.
Von der Effektivität her ist dieser Ansatz mit einem medizinischen Konzept vergleichbar, das bei einer ausgebrochenen Volksseuche den Abtransport der Leichen gut organisiert und vielleicht auch noch die Betroffenen effektiv isoliert, aber nichts investiert, um die Ursachen der Seuche zu ergründen und zu beseitigen.
Die Ursachen für die Gewalt in unseren Schulen sind vielfältig, sie haben mit dem Schulsystem und mit der Verrohung unserer Gesellschaft zu tun, mit der Unfähigkeit vieler Jugendlicher, Konflikt anders beizulegen und zu lösen als mit verbaler oder nonverbaler Gewalt. Hier könnten z.B. Sozialarbeiter wesentlich tiefer greifen und präventiv wirken.

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Vor allem aber hat diese Gewalt damit zu tun, dass diese Gesellschaft für viele auch und gerade junge Menschen, allen voran für Migrantenkinder, keine Perspektiven mehr zu bieten hat und es auch nicht versucht, sie zu bieten, gleichzeitig aber Konsum, Geld und absolute Selbstverwirklichung als Kriterien für Erfüllung und Glück bestimmt hat und dann behauptet, jeder könne in dieser Gesellschaft ganz nach oben kommen, wenn er nur flexibel genug ist und sich selber ausreichend bemüht.

Auch der Hinweis in der Presse, Wachmänner seien viel billiger als SozialarbeiterInnen, hat mich nicht überrascht. Auf diese Weise werden Aufgaben der Sozialen Arbeit immer mehr von unausgebildeten Kräften übernommen und damit werden ihre Fachlichkeit, ihr professioneller Ansatz und ihr Menschenbild einfach ausgekippt und als überflüssig erklärt. An die Stelle einer sekundären Integration, die versucht Menschen so in die Gesellschaft zu integrieren, dass sie dabei als Personen und als Menschen mit Rückgrad nicht auf der Strecke bleiben, wird einfach mit Sanktionen, Drohungen und Zuckerbrot und Peitsche gearbeitet.

Überrascht hat mich höchstens, wieso Wachmänner so viel weniger verdienen sollen als SozialarbeiterInnen. Wenn das so ist, dann fallen die Wachmänner ganz klar in den Bereich, wo dringend ein Mindestlohn ansteht. Denn SozialarbeiterInnen verdienen selber so wenig, dass mancher Mann sich dieses Studium verkneift, weil er von den Einkünften keine Familie ernähren kann. Das war eigentlich nie anders, hat sich aber in den letzten 10,15 Jahren dramatisiert. So etwas wie Tariflohn, unbefristete Stellen, nur soviel Arbeit, wie auch bezahlt wird…. als das gehört der Vergangenheit an. Auch deshalb ist es ein fast reiner Frauenberuf geblieben. Unter unseren Studierenden sind knapp 10% Männer!

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Mein Garten Anfang Dezember

Durch die ständige Nässe und weil ich wegen einer heftigen Rippenprellung außerstande war, im Garten die notwendigen Herbstarbeiten zu erledigen, sieht es auf meinen Beeten zur Zeit ziemlich trübe und novembrig aus.
Ich hoffe auf einen frühen und angenehmen Frühling, damit ich da einiges wieder wettmachen kann.
Das Laub der großen Birken, durch die man jetzt in den dunklen Dezemberhimmel schauen kann, liegt auf meinen Blumenbeeten. Alles ist dunkelbraun und nass…..
Dennoch, ringel.jpggeschützt an der Hausecke hat sich eine kleine Ringelblume entschlossen, trotz der düsteren Stimmung gerade jetzt noch zu blühen.

In anderen Jahren sah das bei mir schon Ende Oktober ganz anders aus:

 

mein garten, bereit für den winterschlaf

karg ist es geworden

auf den beeten

in meinem lustgärtchen.

niemand zeigt mehr blatt.

gräulich das grün und

welk die letzten farben

der astern.

ich habe euch alle

rechtzeitig zu bett gebracht.

die kälte beißt um sich

aber sie kann euch nichts

mehr tun.

ihr habt alle träume

zu euren wurzeln genommen.

haltet sie warm

und laßt sie erst heraus

wenn ihr sicher seid,

daß der weiße tau sie nicht fressen kann

in den eisigen morgenstunden.

ich wache

in der kalten sonne

über eure ruhe,

trotze den stürmen

und erzähle den meisen

vom letzen sommer.

wir warten.

Texte von mir 

Vielleicht wird ja bald der Schnee alles bedecken wie in den letzten Wintern. Mal sehen….

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Deutsche Weihnachten

Ich muss gestehen, dass ich in diesem Jahr eigentlich vorhabe, Weihnachten ganz ausfallen zu lassen: Die Kinder sind in der Adventszeit im Ausland, Heilig Abend feiern sie mit ihrem Vater, auf das Spielen von Weihnachtsliedern im Flötenunterricht habe ich dankend verzichtet, in meiner Wohnung gibt es nichts, was an Weihnachten erinnert… Es ist fast so, wie in meiner Studienzeit und den ersten Jahren meiner Berufstätigkeit. Pure Erholung sozusagen von den weihnachtlichen Zwangsriten!

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Als dann das erste Kind kam, kam auch die ganze Weihnachtsromantik mit voller Härte und voller Freude über uns. Fast 10 Jahre habe ich in der Adventszeit für drei Kinder Adventsbriefchen gebastelt…..

Meine Tochter aber ist zur Zeit in Irland als Aupair und klagt am Telefon , dort wisse man überhaupt nicht, was Weihnachten sei. Es gäbe in ganz Dublin keinen anständigen Adventskalender, keinen Adventskranz und auch keinen Weihnachtsmarkt mit Glühwein. Alles sei nur schrille, bunte Werbung und Weihnachten ein einziges Konsumfest.

So,so! Ich hätte das eigentlich auch für uns so ähnlich beschrieben. Aber in den Augen einer gerade der Kinderzeit Entwachsenen erscheint unsere deutsche Weihnacht immer noch als die heimelige, wunderbare Zeit, voller Kerzen und voll feierlicher Stimmung.

Wie gut, dass ich meiner Tochter im Nikolausbrief einen der alten, mit Silberglimmer besetzten Adventskalender geschickt habe!

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Kinderrechte ins Grundgesetz

Alle sind sich so schön einig, sozusagen von links bis rechts….

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Natürlich ist dieser Schritt mehr als überfällig. Eine Orientierung des Grundgesetzes an den Kinderrechten der UNESCO steht seit langem in Deutschland aus.

Die Frage allerdings ist, wie wird dann in der real existierenden Gesellschaft mit Kinderrechten umgegangen? Es ist ja nicht so, als gäbe es nicht längst gesetzlich verbriefte Rechtsansprüche.
Zum Beispiel im Kinder- und Jugendhilfgesetz. Dort stehen sehr interessante Sachen:

  • dass die Jugendhilfe (im Auftrage der Gesellschaft) das politische Mandat hat, für eine Verbesserungen der Lebenswelten von Minderjährigen mitzusorgen (aber wer will sie hören???); das steht im § 1.4,
  • dass Eltern dann, wenn für ihre Kinder die Bedingungen für eine gesunde Entwicklung nicht gegeben sind, weil im Elternhaus oder sonst die Voraussetzungen dafür fehlen, einen Rechtsanspruch auf Hilfe haben und zwar auf eine Hilfe, die pass genau auf ihre besondere Lebenssituation abgestellt ist; das steht in den §§ 27 ff

Fakt ist, dass heute dieser Rechtsanspruch sehr häufig äußerst defensiv und restriktiv gehandhabt wird.

  • Die Hilfen zur Erziehung, als Dienstleistungen für Eltern und ihre Kinder gedacht, werden oft erst gewährt, wenn es so weit ist, dass eine Kindeswohlgefährdung ins Haus steht.
  • Eltern, die Hilfe haben wollen, werden abgewiesen, weil ihr Problem nicht schlimm genug scheint und es schlimmere Fälle gibt.
  • Hilfen werden als notwendig anerkannt, können aber nicht oder nicht im notwendigen Umfang geleistet werden, weil das Geld nicht da ist, weil z.B. im September das für einen bestimmten Wohnbezirk zur Verfügung stehende Geld ausgeschöpft ist.

Wohlgemerkt, es handelt sich hier um einen einklagbaren Rechtsanspruch, der zunehmend ausgehöhlt, unterlaufen wird. Wird daran die Grundgesetzänderung etwas ändern?
Der Geist des KJHG, rechtzeitig Hilfe zur Verfügung zu stellen und sie nicht als Druckmittel zu verwenden oder so, dass sie für Eltern als Eingriffe und Zwangsmaßnahmen erlebt werden, wird zunehmend negiert – mit Blick auf die „leeren Kassen“ der Sozialverwaltungen aber auch im Rahmen einer neuen Ideologie, die wieder, wie schon in den alten Zeiten der Fürsorge, auf Kontrolle, Druck und Sanktionen setzt.

Die Skandale von Kindesvernachlässigung, die wir zur Zeit fast täglich in den Medien präsentiert bekommen, lösen in der Politik und in der Öffentlichkeit den Ruf nach Strafe und Vergeltung aus. Man glaubt, mit wasserdichter Kontrolle und mit härterem Durchgreifen, diese Problematik in den Griff zu bekommen. Dazu ist Folgendes zu sagen:

  • Eine Gesellschaft, die nicht nach den Ursachen fragt, warum so etwas wie diese drastischen Fälle von Kindesvernachlässigung möglich ist, die ganze Teile der Gesellschaft aus ihrer Normalität ausklammert, ist sie überhaupt noch berechtigt, über diese Menschen in dieser Weise zu urteilen?
  • Kontroll- und Strafmaßnahmen sind im konkreten Fall für die betroffenen Kinder natürlich unabdingbar notwendig, aber was ist im Vorfeld passiert? Eine Jugendhilfe, die sich auf Kontrolle und Eingriffe beschränkt, ist diesen Namen nicht mehr wert.
  • Das, was wirklich geschieht und versucht wird z.B. von den MitarbeiterInnen der Jugendämter, ist in keinem Pressebericht enthalten. Soziale Arbeit, auch die Jugendhilfe, ist keine Außenstelle der Polizei sondern eine Sozialisationsagentur. Ihre Möglichkeiten sind zunächst pädagogischer Natur. Für Pädagogik aber braucht man bekannt lich Zeit. Der Nürnberger Trichter tuts eben nicht.
  • Die Gesellschaft findet bei den genannten Skandalen in der Jugendhilfe immer ganz schnell den Schuldigen.
    Sind die MitarbeiterInnen der Jugendämter wirklich zu naiv, zu feige, zu dumm, zu weich?
  • MitarbeiterInnen der Jugendämter starren heute wie die gebannten Kaninchen auf ihre „Fälle“ und sind – nicht zuletzt wegen der oben dargestellten öffentlichen Vorverurteilung der Jugendhilfe – vor allem damit beschäftigt, bloß keinen Fehler zu machen, der ihnen zur Last gelegt werden könnte. Sie geraten damit immer mehr in den Sog eines Arbeitsverständnisses, das in erster Linie Kontrolle bedeutet.
  • Die Verwaltungsarbeit, die Aktenführung, die Dokumentation nehmen deshalb einen sehr großen Raum in ihrer Arbeit ein, der der pädagogischen Arbeit abgeht. Sie haben oft weder die Zeit noch die innere Kraft und Freiheit, kreativ, produktiv und im Sinne einer Entwicklung der betroffenen Familien zu handeln.
  • Warum wird von den Verantwortlichen in der öffentlichen Jugendhilfe, z.B. von Jugendamtsleitern, nicht laut und deutlich gesagt, dass die Jugendhilfe im Rahmen der heutigen restriktiven Rahmenbedingungen für ihre Arbeit zu wenig Zeit und zu wenig Kapazitäten hat. Es reicht gerade mal dazu, bei den dramatischsten Fällen das Schlimmste zu verhindern.

Es hat Versuche dieser Art gegeben. Die mutigen Jugendamtsleiter haben ihre Posten verloren. MitarbeiterInnen, die es nicht mehr ertragen können, ihren sozialpädagogischen Beruf eingezwängt zwischen Kontrollaufgaben und Sparmaßnahmen auszuüben, schweigen, weil sie um ihren Arbeitsplatz fürchten.

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Muttergedanken

… an meine unglückliche Tochter in der Ferne ……

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Du gehst die Wege, die du gehen willst.

Ich schaue zu und bleibe still von ferne stehn.

Weit weg von mir ersteigst du unbekannte Berge,

sprichst fremde Sprachen, die ich nicht verstehe,

zeigst Wagemut, der mich das Staunen lehrt.

.

Nur deine Traurigkeit und deine Ängste,

sie sind mir so vertraut.

Ich höre die Beschwörung deines Glücks.

Ich sehe deine Tränen, meine sie zu schmecken.

Und doch kann ich für dich nichts tun.

.

Die Jahre, die ich ganz in deiner Nähe war,

sind längst Vergangenheit.

Die Zeiten, wo ich hätte

meine Tochter trösten können,

sie sind vorbei und sind vielleicht vertan.

.

Mir bleibt es nur, zu wünschen und zu hoffen,

dass dir das Leben nicht nur Wunden schlägt.

Dass irgendwann die Liebe dir begegnet

und zart, und so, wie Mütter und Geliebte es nur können,

mit sanfter Hand die Tränen dir von deinen Wangen streift.

 

.

Hier kann man andere Texte von mir lesen ….

 

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immer noch Pisa….

Eben höre ich im Radio: die deutschen SchülerInnen haben diesmal ein wenig besser abgeschnitten, liegen jetzt an 13. Stelle!

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Unverändert aber ist, dass es in keinem der beteiligten Staaten so einen engen korrelativen Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Schulerfolg gibt.
Es wird sogar noch eins drauf gesetzt: Schüler aus sozial benachteiligten Familien werden bei gleichem Leistungsstand seltener fürs Gymnasium vorgeschlagen. Wahrscheinlich denken die Schulpädagogen sich dabei: “ Der hat ja zu Hause keine Unterstützung in schulischen Angelegenheiten, wie soll er dann das Gymnasium schaffen“ und meinen im Interesse der betroffenen Schüler zu handeln.

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Für die, denen Chancengleichheit nicht schon aus ethischen Gründen ein Anliegen ist:
Vielleicht stände Deutschland im internationalen Vergleich viel besser da, wenn diese Schülerreserve der sozial benachteiligten Kinder wirklich und mit entsprechendem Aufwand an Bildung herangeführt würde.
Intelligenz verteilt sich erfreulicher Weise nicht nach sozialen Gesetzen und Bedingungen, sondern sie ist in jeder Bevölkerung über Schichten und Gruppen hinweg gleich verteilt. Was die Natur uns vorgibt wissen wir ja bekanntlich perfekt auf den Kopf zu stellen. Wir vergeuden schlicht Humankapital.

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… und wenn wir dann unseren Job verlieren?

Immer wieder das Gleiche:

Ich stelle den Studierenden Methoden und Konzepte einer Sozialen Arbeit vor, die von hoher Fachlichkeit und von einer deutlichen Achtung für den anderen Menschen, den Klienten, geprägt ist. In Fachkreisen nennt man diese Konzeption Sozialer Arbeit Lebensweltorientierung. Sie entstand in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts und bildet z.B. die theoretische Grundlage des erst 1990 verabschiedeten Kinder- und Jugendhilfegesetzes.
Dieses Gesetz geht zum Beispiel von der Notwendigkeit aus, gegenüber den Klienten und ihrer Sicht der Situation Respekt zu haben, sie nicht zu ihrem Glück zwingen zu wollen, sondern sie ins Boot zu holen und zu aktiven Kooperationspartnern der Sozialen Arbeit  zu machen. Das Gesetz versteht sich als Dienstleistung: Eltern und Minderjährige sollen Hilfe und Unterstützung bekommen, wo sie sie brauchen.
Ein Student berichtet von einem Fall, den er letzte Woche erst erlebt hat: Eine Mutter, die massive Erziehungsprobleme hat, die um ihren Rechtsanspruch auf Hilfe weiß, wendet sich um Hilfe ans Jugendamt – und wird wieder weggeschickt! Die Probleme waren dem Jugendamt nicht schwerwiegend genug. Geld ist nur noch da, wenn es eigentlich schon zu spät ist.

Heute ist dieses Gesetz oft nicht mehr das Papier wert, auf dem es steht. Formal wird es meistens beachtet, aber der Geist dieses Gesetzes wird ausgehebelt, umgangen, konterkariert. Natürlich steckt das liebe Geld dahinter, das Geld, das angeblich fehlt und das in diese Bereiche eben nicht investiert werden soll, das Prinzip der Ökonomisierung, das inzwischen alle gesellschaftlichen Bereiche dominiert und das allen vorschreibt, möglichst effizient, kostengünstig, rationell zu zu sein.

Freilich, das ist schließlich in allen Bereichen des Lebens so und trifft die Soziale Arbeit wie – fast – jeden anderen gesellschaftlichen Bereich auch. Nur, hier ist das folgenschwerer, als wenn es darum geht, Straßen zu bauhen oder Kaffeemaschinen zu produzieren.
Eine Soziale Arbeit, die einem humanen Menschenbild verpflichtet ist, braucht Zeit für diese Menschen, braucht Zeit für Kommunikationsprozesse, die nötig sind, um Probleme mit dem Betroffenen und nicht ohne oder gegen ihn zu lösen.

„Aber, Frau Professorin, Sie wissen doch auch, wie es in der Praxis heute aussieht, was wirklich geschieht, dass Entscheidungen nicht nach Fachlichkeit sondern nach Kostengünstigkeit gefällt werden, Sie wissen doch, wie oft keine Zeit bleibt, um auf die Menschen einzugehen, wie oft zu spät reagiert wird, weil Prävention keiner bezahlten will….“

Ja natürlich weiß ich das! Aber soll ich meine Studenten so ausbilden, dass sie in eine solche Praxis ohne anzuecken hineinpassen?
„Aber wenn wir uns wehren oder nur den Mund aufmachen, dann müssen wir Angst haben um unsere Arbeitsplätze. Und wir haben Familie oder wollen eine haben. …“

Natürlich kann ich das verstehen.
Es ist eine Schande, dass es so weit gekommen ist in unserem Land: Gesellschaftskritik und sei es die geringste, wird einem heute regelrecht übelgenommen, man macht sich verdächtig, nicht auf der demokratischen Grundordnung zu stehen- wobei hier die demokratische Grundordnung verwechselt wird mit der gesellschaftlichen „Ordnung“ eines globalen Kapitalismus.
Nicht zufällig überschlagen sich die Medien anlässlich der „40 Jahre APO“ in dem Versuch, in jenen Leuten, die die damalige Lebensordnung nicht akzeptieren wollten, die Zerstörer unserer Gesellschaft zu sehen: Die Gewalt in unserer Zeit hätte ihren Ausgang, so konnte ich vor ein paar Tagen im Radio hören, in den 68ern gehabt, denn denen war nichts heilig. Das schreit zum Himmel! Wem in unserem Land ist die Menschenwürde der Menschen heilig, die kein Geld haben, keinen Einfluss, die nicht zu den Machern und Gewinnern der Gesellschaft gehören?

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Man wird nur einmal 65

Einen Geburtstagsstrauß habe ich schon….

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Meine Schwägerin, die jüngere Schwester von kranich, wird kurz vor Weihnachten 65 Jahre alt.
Und wir zwei sollen die Geburtstagsrede halten, ein paar Fotos, einen netten Text, Erinnerungen aufwärmen….

So nebenbei und mit links geht das nicht. Also sitzen wir hier und verbringen unsere Wochenenden mit alten Fotos, stellen Dateien zusammen, dichten Verse auf die verschiedenen Lebensstationen, proben den Gesang mit Begleitung, schreiben für das Ganze ein Regiebuch und üben unseren Auftritt.

Es macht großes Vergnügen, ist unglaublich viel Arbeit und wir hoffen, dass dann das Geburtstagskind und die Zuhörer wenigsten halb so viel Spaß daran haben werden wie wir.

Aber selbst wenn es noch nicht so richtig klappt: Im nächsten August wird mein Vater 90. Da kann ich dann also gleich weiter machen…..

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