Ein Radiobericht über Sao Paulo, die dritt größte Stadt der Welt…..
In Brasilien besitzen 1% der Bevölkerung mehr als die ärmste Häfte der Bewohner dieses Landes. Die Reichen leben außerhalb der Mega-Millionenstadt in einer gepflegten Landschaft, umzäunt, bewacht, mit eigenen Schulen, Kindergärten, Geschäften, Parks, in einer eigenen, heilen, guten Welt, in der die anderen, die in dieser Stadt leben, nicht szu suchen haben. Ihnen wird der Eintritt mit Gewalt verwehrt.
In der Stadt können sich die Reichen nur mit gepanzerten Autos bewegen. Sie befinden sich unter der armen Bevölkerung ständig in Gefahr überfallen, bedroht, ausgeraubt zu werden. Und sie wissen sich zu schützen und zu wehren….
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Vor Jahren lebte eine Bekannte von mir mit ihrem Mann und ihrer Familie in so einer Enklave und hat es nicht ertragen können, ist wieder zurück gekommen nach Deutschland…
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Ich frage mich, wie die Kindergärtnerin den Kindern erklärt, warum es bei ihnen in ihrer Enklave so friedlich und schön ist und draußen in der Stadt so böse und gefährlich. Und warum sie hier alle zu essen haben und hübsch angezogen sind und Kinder in der großen Stadt abgerissen und hungrig auf der Straße leben müssen und für ihr Essen stehlen, sich verkaufen oder Menschen berauben müssen.
Werden sie ihnen sagen, dass die Menschen in der Enklave die Guten, die Besseren Menschen sind und die anderen böse und gefährlich? Wird es ein Kind geben, dass von sich aus auf die Idee kommt, dass es nicht verwunderlich ist, dass die anderen böse sind, wenn sie von all dem hier mit Gewalt ausgeschlossen werden?
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Sao Paulo ist die Welt. Wir sitzen im reichen, wohlhabenden, sauberen, guten, gebildeten, kultivierten, auch noch christlichen Westen und tun alles dafür, dass die anderen nicht zu uns rein können. Stattdessen planen wir Kriege, um uns vor den Angriffen der Armen zu schützen. Oder besser, wir fangen die Kriege lieber selber schon mal an, damit sie keine Chance haben, uns angreifen und uns das wegnehmen zu können, was, verdammt noch mal, uns gehört in dieser Welt.
Und wehe dem, der hierzulande nicht begreift, dass es gilt, diese unsere Welt zu verteidigen. (Und außerdem uns auch noch ihr Öl zu sicher, das dummerweise bei ihnen im Boden steckt und nicht in der Nordsee oder in Texas.)
Meta
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Auf ein Neues
Nach sieben Jahren nehme ich diesen Blog wieder auf.
Inzwischen ist das Wort „Krieg“ kein abstraktes Wort mehr, sondern harte Realität.Auch sonst ist die Welt nicht besser und nicht unkomplizierter geworden.Ich, Ms. Tapir, bin seit einigen Jahren in Rente. Meine aktive Zeit der letzten 5 Jahre in der Kritischen Sozialen Arbeit habe ich vorerst beendet. Noch immer sitze ich im Glashaus. Ich habe Steine geworfen. Einige. Und ich habe so manchen Stein abbekommen. Manche haben Narben hinterlassen.
Aber Glashäuser haben auch einen Vorteil: man kann verdammt viel von dem sehen, was da draußen abgeht: auf der Straße, in den Städten, bei den Ausgestoßenen und denen, die meinen, ihnen gehöre die Welt.
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Blogroll
Eigentlich geht es mir ähnlich.
Aber durch meinen Beruf (Ausbildung von SozialarbeiterInnen) habe ich zum einen Kontakt zu unseren Studierenden, die sehr oft unter der Armutsgrenze leben müssen und deren berufliche Perspektive oft nicht viel mehr hergibt, als Hartz IV und vielleicht einen begrenzten und beschränkten Arbeitsplatz mit einem Einkommen, das nicht weit darüber liegt.
Und zum anderen bin ich beim Thema Soziale Arbeit natürlich ständig mit diesen Problemen von Armut, Ausgrenzung etc. befasst.
Dadurch kann ich mich in meiner abgesicherten Welt nicht einschließen. Manchmal wünschte ich es mir. Aber ich glaube, ich hätte keine Ruhe dabei.
Meine Kinder z.B. leben in einer anderen Welt, können studieren etc. Dennoch ist auch bei ihnen die Zukunftsperspektive erschreckend unsicher und meine Älteste rechnet z.B. auch mit einer Hartz IV-Phase nach ihrenm Examen.
Ich glaube, es ist sehr verbreitet, dass Menschen nur innerhalb ihrer eigenen Welt leben, auch hier bei uns. Die verschiedenen Milieus haben keinen Kontakt miteinander.
Ich selbst kann mich davon nicht ganz freisprechen. z.B. ich lebe jetzt von einer guten Rente und habe in meinem engeren Freundeskreis keinen Hartz-IV-Empfänger. Ich kann mich darüber nur in den Medien informieren, (im Weblog erfährt man noch das meiste), im Park mit Ein-Euro-Jobbern reden, hier und da mal was spenden. Ansonsten bleibe ich in meinem Milieu, das denen gegenüber schon privilegiert ist.
Ich verstehe nicht, wie es sein kann, dass sich ganz „normale, nette Leute“ an so etwas gewöhnen können. Es ist mir ein Rätsel, dass Menschen eine solche Ungleichverteilung in der Welt offenbar in Ordnung oder zumindest lebbar finden. Ist Gerechtigkeit und Chancengleichheit für sie kein Wert oder ist es ein Wert, der nur innerhalb ihrer eigenen Welt gilt? Es sind die gleichen Leute, die zutiefst getroffen sind, wenn sich für sie der hehre Radsport – da wo Ideale noch Ideale sind – als moralisch getrübt entpuppt, weil einige sich dabei haben erwischen lassen, dass sie das tun, was doch alle wollen, sollen und müssen in dieser Gesellschaft zum siegen und überleben: besser sein als die anderen und dafür über jede Grenze gehen.
Ich hatte mal in Nigeria eine Familie zu besuchen – er Nigerianer in leitender Stellung, sie Deutsche, drei halbwüchsige Kinder. Am Grundstückseingang ein Wachhaus, wie ich durch den Garten auf das Haus zuging, kam mir die Hausfrau über die Terrasse entgegen – die Terrasse war vollkommen vergittert wie ein Käfig! Ich wurde unten in den Repräsentationsräumen empfangen, aber das Familienleben spielte sich offenbar aus Sicherheitsgründen im ersten Stock ab. Es waren nette Leute, gut erzogene und freundliche Kinder, aber meine Frage, wie man so leben kann, traf auf kein Verständnis.
Ich war froh, als ich für meine Feldforschung in einer kleineren Stadt in einer primitiven Wohnung mitten unter den normalen Menschen und in deren Stil leben konnte und fühlte mich völlig sicher, obwohl ich weit und breit die einzige Weiße war. Aber die Universitätsdozenten, mit denen ich zu tun hatte, wohnten alle auf den Uni-Geländen hinterm Schlagbaum, machten ihre Forschung von da aus und fanden nichts dabei.
Wir in unserer Festung Europa! Wenn wir uns etwas mehr bescheiden könnten, auf einiges Überflüssige verzichten, so dass das Lebensnotwendige besser verteilt wäre, dann brauchten wir auch die Angst nicht zu haben. Es macht mich krank, wenn ich immer höre, dass wir Wachstum, Wachstum brauchten. Wir brauchen Verteilung, Verteilung, und das weltweit!