Die Dichterin
So denkt an mich:
Auf eures Herzens Insel
dürstend
und ausweglos
bin ich verbannt
Yosana Akiho
Ich wollte Spuren legen.
Ich habe mein ganzes Leben gehofft, eine berühmte Schriftstellerin zu werden. Mein ganzes Leben war davon gestimmt. Alles was ich tat und erreichte, war eigentlich nur mein Alltagsleben, eine Art Vorwand, zu leben. Mein eigentliches Leben, so dachte ich seit meinem 5. Lebensjahr, sei es, zu schreiben.
Ich habe auch geschrieben, als Kind, als Studentin, mit 40, mit 50…Ich habe es mitunter geschafft, diese Option ernst zu nehmen, mich wirklich anzustrengen, meine Produkte zu zeigen, meine Qualitäten zu schulen…
Von Anfang an war es vermutlich die Hoffnung, Spuren zu hinterlassen, war es der Wunsch, aus der Masse der Menschen herauszuragen, die Sehnsucht auf diese Weise mit der Menschheit kommunizieren zu können, Menschen zu finden, die fühlen wie ich und ihnen meine Sprache zu leihen.
m.s.
Von Anfang an hatte ich Angst davor, einfach unter den Milliarden Menschen meiner Zeit unterzugehen. Die Arroganz, etwas Besonderes sein zu wollen, stärkte mein Selbstbewußtsein, gab mir die Kraft, es mit dem Leben immer weiter aufzunehmen.
Mein wirkliches Leben, das vor allem aus Arbeit und Kinder bestanden hat, schien mir nicht genug an Befriedigung und Kraft abzuwerfen. Ich habe dieses Leben nie besonders wichtig genommen, war nie stolz darauf, empfand es ja sogar als Hinderungsgrund für meine angestrebte Karriere als Dichterin.
Fakt ist, dass meine Spuren, die ich in meinem Beruf zurücklassen werde, sicherlich größer und deutlicher sind, als die, die meine Gedichte und Texte hinterlassen werden.
Wenn man so will, habe ich mein Leben unter einem falschen Vorzeichen gelebt. Das soll nun vorbei sein.
Ich schreibe noch, habe noch Spaß daran, aber ich sehe, dass es in meinem Leben nicht die entscheidende Kraft gewesen ist, nur der entscheidende Traum.
Dennoch:
Dass meine literarische Homepage, die ich seit Jahren betreibe, nur von einer Hand voll Leuten pro Tage eingesehen wird, dass sich nur alle Jubeljahre jemand dazu aufrafft, mal ein Feedback zu geben, dass selbst meine Freunde immer wieder vergessen, dass es diese Homepage gibt und dass ich überhaupt schreibe… all das hat mich oft tief verletzt und traurig gemacht.
Bis ich eines Tages träumte, ich sei eine erfolgreiche Schriftstellerin und müsse nun ständig zu Lesungen fahren, um meinen Bestseller vorzustellen, Abend für Abend Autogramme geben und mich immer weiter vermarkten. Mir graute. Mir wurde übel. Ich wusste, als ich erwachte, dass diese Perspektive für mich eher ein Albtraum als eine Erfüllung sein würde. Was um alles in der Welt hätte ich davon? Absolut nichts als Stress, Druck, Anstrengungen… Das hat mich nachhaltig geheilt.
Aber es wäre schön, Texte zu schreiben, die andere auch berühren. Es ist schön, Texte zu schreiben, die mich selber beglücken. Das sollte genügen.
Und ich werde es weiter tun. Lese es, wer will.
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Liebe M.,
jeder von den Milliarden Menschen kämpft sich durch seinen Dschungel. Für die meisten ist es ein Kampf ums physische Überleben, für unsereins geht es eher um Bedeutung, „die Spur“, kurz ums psychische Überleben.
Nur selten merkt man, daß es die Anderen gibt, noch seltener, daß da einer einen Pfad freigeschlagen, eine Spur gelegt hat, vielleicht sogar einen Ruhepunkt mit einer schönen Aussicht geschaffen hat.
Millionen Sonnen ziehen durchs All und werden nie eines menschlichen Blickes gewürdigt. Großartige Künstler sind mir bekannt, doch lächerlich selten suche ich ihre Werke auf. Ich tue so, als ob ich tausend Leben zur Verfügung hätte und also immer noch genug Zeit für das Große, Schöne, Wesentliche.
Es ist absurd, und ich kann die Absurdität erkennen und doch nur wenig daran ändern.
Mir ist sehr wohl bewußt, wie ich berührt worden bin von Sachen, die Du geschrieben hast. Unverlierbare Freudepunkte. Während es weiter durch den Dschungel geht.