In einer am Freitag veröffentlichten Erhebung für die Funke-Mediengruppe durch das Unternehmen Civey gaben 70 Prozent an, die Öffnung unter Auflagen eindeutig oder eher richtig zu finden. Etwa jeder Fünfte lehnt die Öffnung ab.
Bei Männern ist die Zustimmung zur Lockerung für Friseure höher als bei Frauen. Rund 72 Prozent der Männer und 69 Prozent der Frauen befürworten die Entscheidung der Bund-Länder-Konferenz vom Mittwoch. Hohe Zustimmungswerte gibt es auch bei sehr jungen und sehr alten Menschen. Bei den über 65-Jährigen ist die Zustimmung mit rund 76 Prozent am höchsten.
Ich gebe zu, auch ich bin nicht unfroh darüber, denn meine Selbstversuche haben nicht ganz das gewünschte Ergebnis gezeigt. Und ich gönne es meiner Friseuse sehr, dass für sie die Kurzarbeit endlich wieder aufhört.
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Aber wenn ich eine Liste der wichtigen Bereiche aufstellen könnte, für die der Lockdown kreuzgefährliche Folgen haben wird, da kämen die Friseure ziemlich weit hinten. Denn was sind ein paar Haarzotteln gegen z.B. die massive Verschärfung der Bildungsungleichheit in diesem Land, die durch die Schulschließungen und die Verlegung der Beschulung in die Familien verursacht wurde und weiter wird. Wir erleben gerade so etwas wie eine Privatisierung der öffentlichen Aufgabe der Bildung. Die Chancen der Kinder, unbeschadet durch diese Situation zu kommen, sind für Kinder aus gebildeteren Schichten um ein Vielfaches größer als für die andern. Der unheilvolle, hoch-signifikante Zusammenhang zwischen Schulerfolg und Bildungsstatus des Elternhauses nahm laut PISA-Studie auch schon vor Corona im Ländevergleich eine peinlich-traurige Spitzenposition ein. Die werden wir nun toppen.
Es ist amüsant, welche Argumente plötzlich, nachdem Frau Merkel die allem anderen vorgezogene Öffnung der Friseursalons verkündet hatte, nur so aus den Medien herausprasseln! Sogar als mögliche Krebsvorsorge-Instanz werden die Friseusalons gelobt. Und dann ginge es, so las ich erstaunt, vor allem um die Würde der Menschen. Denn sie alle werden sich einfach gepflegter, sicherer und optimistischer fühlen, wenn die Frisur wieder sitzt. Davon geht unsere Landes-Mutti aus. Danke, Frau Merkel, dass sie an meine, an unsere Würde denken.
Allerdings mache ich die Würde von uns allen an anderen Faktoren fest: an den schon erwähnten gerechten Bildungs- und Entwicklungschancen, an der Möglichkeit, Beziehungen zu pflegen und Kontakte aufzunehmen, an der Chance, an kulturellen Erlebnissen teilhaben und sich erholen und entspannen zu können.
Wenn auch noch so viele Leute die Wiedereröffnung der Friseurläden begrüßen, damit hat sich die globale Entwürdigung, die uns seit einem Jahr zugemutet wird, in keiner Weise erledigt. Mit so einem kleinen Zuckerbrot werden wir uns nicht zufrieden geben.