Die Bundesregierung spricht mit der Jugend?

Zufällig traf ich eben im Netz auf ein Video vom 2.2.21:
Frau Bundesministerin Giffey spricht mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen über die aktuellen Corona-Herausforderungen,
Eine Handvoll ausgesuchter, politisch interessierter Jugendlicher waren dazu aufgerufen, ihre Lage in der Corona-Krise zu beschreiben und ihre Probleme bzw. die Probleme, die sie sehen, deutlich zu machen.
Frau Giffey hat sich die verschiedenen Statements angehört und sich Notizen gemacht. Danach erklärte sie ihr Bedauern und beteuerte, wie sehr ihr die Lage von Kinder und Jugendlichen am Herzen läge. Auf die beschriebenen Probleme ging sie nicht weiter ein. Es gab auch keine klare Bestätigung, wie massiv die Schädigungen und die Zumutungen in den verschiedenen Bereichen sind. Dafür aber forderte Frau Giffey ihre ZuhörerInnen auf, selbst Vorschläge zu machen, wie eine schrittweise „Normalisierung“ des Lebens der Kinder und Jugendlichen demnächst am besten wieder hergestellt werden könnte.

Am Schluss raffte sich eine der Teilnehmerinnen zu der mutigen Forderung auf, in die Kinder- und Jugendhilfe, die offene Jugendarbeit und den Bereich Kinder und Jugend insgesamt sofort und erst recht nach der Krise viel, viel Geld zu stecken, damit die entstandenen Schäden aufgefangen und nach der Krise so weit wie möglich bewältigt werden können. Lächelnd versprach Frau Giffey einen riesigen Batzen Geld sicherzustellen. Zur Zeit gelänge es für sämtliche Einrichtungen der offenen Jugendarbeit zwar nur, diese gerade eben am Leben zu erhalten. Aber danach müsse es wieder richtig gut weitergehen.

Am 11. März will sie ein großes Jugend-Hearing veranstalten, um noch mehr Betroffene zu Wort kommen zu lassen. Sie sieht in ihnen, wie sie sich ausdrückte, Politik-BeraterInnen.

Mich erinnert das Ganze fatal an das, was Frau Giffeys Ministerium derzeit mit dem Kinder- und Jugendhilfe-Gesetz veranstaltet hat. Alle durften ihre Wünsche und Meinungen äußern. Viele, nicht alle, wurden gehört. Aber am Ende war es doch so, als hätten sie nur in taube Ohnen gesprochen. Das neue Gesetz wird kein demokratisch erarbeitetes Gesetz sein, wie es ehemals das KJHG war (an dem 30 Jahre lang gearbeitet wurde), sondern eines, dass die herrschende Politk zusammen mit gewissen Lobby-Gruppen ausgebrütet hat.

Zu dem Wunsch der jungen Kollegin muss man leider anmerken:
Hoffnungen auf eine finanzielle Stärkung der Bereiche Kinder- und Jugend zur Kompensation der entstandenen Kollateralschäden durch die Corona-Maßnahmen werden wohl kaum erfüllt werden. Klundt z.B. hält diesen Vorstellungen entgegen, „dass die Haushalte sowohl im Bund wie auch in Ländern und Kommunen unter enormen Einnahmeausfällen leiden und damit generell weniger Haushaltsmittel zur Verfügung stehen“ (Klundt 2020, S. 7). Da außerdem eine Übernahme der kommunalen Altschulden nicht geplant ist, erscheint diese Situation als bedenklich, denn schon in der Vergangenheit waren die Soziale Arbeit und insbesondere die Jugendhilfe Bereiche, in denen hohe Einsparpotenziale vermutet wurden (Klundt 2020; Meyer 2020).

Literaturhinweise:
Klundt, M. : Auswirkungen der Corona-Krise auf die Lebensbedingungen
junger Menschen. Studie für die Bundestagsfraktion DIE LINKE. In: Publikationen
der Fraktion.Beitrag vom 15.6.2020
www.linksfraktion.de/publikationen/broschuere/ 
(Abruf 4.10.20)

Meyer, N.: Verwerfung in der Sozialen Arbeit – Corona als Auslöser? In: Böhmer,
Anselm; Engelbracht, Mischa; Hünersdorf, Bettina; Kessl, Fabian; Täubig, Vicki
(Hrsg.): Soz Päd Corona. Der sozialpädagogische Blog rund um Corona. Beitrag
vom 30.6.2020
https://sozpaed-corona.de/verwerfung-in-der-sozialen-arbeit-corona-als-ausloeser/
(Abruf 7.10.20)

 

 

 

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