Leben

Dann also
wünschen Sie gar nicht
lange zu leben?
fragte der Arzt.
Mein Herz schwieg.

Iskikawa Tabubaku

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Was ist konservativ?

Im Allgemeinen habe ich es nicht besonders gerne, wenn meine StudentInnen mitten im Seminar in heftige Dispute zu zweit verfallen. Ich nehme realistischer Weise an, dass das Thema nicht viel mit meinem Seminar zu tun haben wird. Aber dem ist nicht immer so. In dieser Seminareinheit ging es um die veränderte Kindheit heute, im Vergleich zu früheren Zeiten. Nostalgie brach unter den Studierenden aus, Kopfschütteln über die Bedingungen, die Kinder heute vorfinden. Andere fanden, dass die Kinder heute genau so Kinder sind und glücklich sein können wie früher.
Nach dem Seminar kommt Anja zu mir und man merkt ihr ihre innere Aufregung noch richtig an. Sie habe sich mit ihrer Nachbarin Nadja gestritten: Die hätte die Meinung vertreten, dass in unserer Zeit so vieles wegbrechen würde, was früher gut war, was die Menschen glücklicher machte und ihnen bessere Bedingungen bot, im Leben zurecht zu kommen. Sie aber vertrete den Standpunkt, dass es dumm und albern sei, immer nur dem Gestrigen hinterher zu jammern. Natürlich bringe die neue Zeit neue Herausforderungen mit sich, aber die müsse man eben offensiv und aktiv angehen, statt sich gegen jede Veränderung zu wehren und abzuschotten….

Ein spannendes Thema. Und die Posititionen spalten die ganze Gruppe. Diejenigen, die Verluste konstatieren im Vergleich zu den vergangenen Jahrzehnten gelten bei den anderen als Dinosaurier, als konservativ, als Träumer, als lebensuntüchtig und von gestern.
Die anderen haben die Begriffe Zukunft und Moderne auf ihrer Seite und die Realität. Und ich denke, es ist die Mehrheit.
Junge Leute kommen sich albern und simperlich vor, wenn sie die Zukunft und die Gegenwart nicht mit offenen Armen begrüssen und annehmen, sich ihr stellen. Sie trauen sich immer zu, mit ihr klar zu kommen und das Beste daraus machen zu können. Der Blick zurück erscheint ihnen feige und lahm.
Aber ist alles, was die Moderne mit sich bringt, besser? Bedeutet modern automatisch fortschrittlich?
Da hatten wir es früher einfacher.
Als ich studierte war das so und es war klar und eindeutig: Diejenigen, die das Bestehende oder Vergangene erhalten wollten, hielten den gesellschaftlichen Fortschritt auf. Veränderung bedeutete damals immer – davon waren wir überzeugt – eine Veränderung zum Besseren, zu mehr Menschlichkeit, mehr Freiheit, mehr Gerechtigkeit.
Heute ist das ganz sicher so einfach nicht mehr. Wenn mir einer sagt, früher gab es einen besseren Kündigungsschutz und ich bedauere, dass der so nicht mehr besteht, dann stemmt er sich gegen moderne Entwicklungen, die keineswegs, einfach weil sie modern sind und scheinbar der Zukunft geschuldet, fortschrittlich sein müssen.
Wenn mir jemand sagt, heute gibt man sich halt nicht mehr ab mit der Frage, ob alle die gleichen Bildungschancen haben, weil Ungleichheit einfach gesellschaftlicher Normalzustand ist, dann kann ich nur sagen: diesen Verlust gesellschaftlicher Verantwortung empfinde ich als Rückschritt der Menschheit.

Vielleicht ist es unter den heutigen Bedingungen besonders für junge Leute sehr schwer, nicht mit zu schwimmen, mit zu stürmen nach vorne zu den unbegrenzten globalen Chancen einer Gesellschaft, einer Gesellschaft freilich, die mit hohen Risiken droht. Aber wenn man jung ist, dann denkt man stets, ich doch nicht. Risiken treffen höchstens die anderen. Und so schlimm wird’s wohl nicht werden.

Und so kommt es wohl, dass man auch als Professor leicht in den Dinosaurier-Sack gesteckt wird, weil man es sich leisten kann, darauf hinzuweisen, dass nicht alles, was die Moderne mit sich bringt, für die Menschheit bekömmlich ist und sein wird.

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Die Welle

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Große Lust hatte ich nicht, mit meiner 20jährigen Tochter in diesen Film zu gehen. Da ich aber erlebt hatte, wie beeindruckt und auch entsetzt sie reagiert hatte, als sie zum ersten Mal in diesem Film war, wie sehr er sie noch lange danach beschäftigt hatte, bin ich gestern also drin gewesen.

http://www.kino-zeit.de/filme/artikel/trailer_8700_di

Mit einem gewissen Vergnügen habe ich festgestellt, dass man mit 60 doch weitaus gelassener und abgebrühter auf so einen Film reagiert als mit 20. Genervt hat mich eigentlich nur die grelle und überlaut vorgeführte Jugendszene als solche, aber geschenkt, der Film soll ja wohl nicht ältere Mütter erfreuen…

Ein Lehrer unternimmt eine Art Selbstversuch in Sachen faschistoide Gruppendynamik, kann das Experiment nicht rechtzeitig stoppen, es bekommt eine für ihn überraschende Eigendynamik und irgendwo gefällt ihm auch seine neue Rolle und die daraus erwachsende Autorität und der pädagogische Erfolg bei seinen Schülern – denn alle sind plötzlich hoch motiviert und begeistert bei der Sache.
www.spielfilm.de/kino/30912/die-welle.html
Der Weg der Gruppe führt über die Erfahrung von Gemeinschaft und Begeisterung für sie zur Erleichterung, endlich nicht mehr im Konkurrenzkampf stehen zu müssen, nicht mehr ausgeschlossen zu sein. Dann folgt die Bereitschaft, die Verantwortung an den „Führer abzugeben “ und schließlich stellt sich das allgemeine Gefühl in der Gruppe ein, besser, anders, mächtiger zu sein als alle, die nicht zu ihnen gehören. Es wächst die Gewaltbereitschaft nach außen, schließlich ist es ein Leichtes, dieser ziellosen Bewegung ein aus der Luft gegriffenes politisches, faschistisches Ziel unterzujubeln. Der Lehrer Wenger steht am Ende als der Schuldige da, als einer, der zu weit gegangen ist, der seine SchülerInnen zu Gewalt und verführt hat. Letztlich ist er für die Filmemacher aber die mutige Figur, die bereit ist, zu zeigen, was möglich ist in unserer Gesellschaft : der Schoss ist fruchtbar noch….

Eben habe ich mir das Vergnügen gemacht, die im Internet zugängliche Lehrerliteratur zur pädagogischen Einverleibung dieses Filmes zu lesen. Gar nicht so dumme Gedanken sind dabei, aber schon beim Lesen spürt man, das Schule es schaffen wird, auch hier bei Schülern den Ruf auszulösen: „Ach bitte, nicht wieder die Welle, die hängt uns jetzt schon zum Hals raus!“ Die Begeisterung vieler SchülerInnen für den Film und die Art und Deutlichkeit mit der er seine Botschaft klar stellt, ohne zu moralisieren und zu bedrängen, die ich im Internet lese, könnte so wieder kaputt gehen …

Was mich aber selber beunruhigt am Film, an dem Lehrermaterial und an den Reaktionen der Jugendlichen:
Hier wird eine faschistoide Bewegung und Orientierung entlarvt und verpönt, gut, das gelingt, – aber als Alternative dazu wird nur etwas blass und blutleer von der Verteidigung der Demokratie gesprochen. Und wie bitte, sollen die heutigen ziel- und lustlosen Jugendlichen dafür Motivation bekommen? Die Appelle zur Menschlichkeit und zur Demokratie (was immer das auch sein soll) bleiben bloße Appelle, sie haben keinen Inhalt und kein Ziel , sie gehen niemandem wie ein Ruck durch den Körper und das Leben, wie es die Welle konnte. Es gibt im Film auch keinen Versuch, der demonstrierten unterdrückenden Gemeinschaftsideologie etwas entgegen zu stellen , was wirklich Solidarität und Toleranz bedeuten könnte.
Und es gibt außerdem null Ansatz, die gegenwärtige gesellschaftliche Situation infrage zustellen: Man stöhnt über das Konkurrenzdenken, über Egoismus, Nullbockstimmung und Perspektivlosigkeit der Jugend (Zitat: „Wo gegen sollen wir denn eigentlich noch protestieren?“). Aber sie und die Gesellschaft, die sie hervorgerufen hat, werden als gegeben hingenommen. als unveränderbare Phänomene. Der Eindruck wird erweckt, dass unsere Gesellschaft trotz ihrer Probleme eben doch die beste von allen ist, weil sie schließlich demokratisch ist. Und so entsteht die Vorstellung „die Demokratie, die haben wir ja in unserer Gesellschaft. Deshalb müssen wird diese Gesellschaft verteidigen“ (im Zweifel am Hindukusch).

Kritik an der Ungleichheit unserer Gesellschaft, an der Allmacht des Marktes, an der Ausgrenzung von Menschen, an der Unterdrückung der Armen durch die Reichen, die kommt im Film eigentlich nicht vor.
Oder doch: Ganz am Ende findet man sie in der Rede des Lehrers am letzten Tag. Aber hier dient sie ihm als einschleichende aufpeitschende Argumentation, um schließlich bei den Wellemitgliedern die Bereitschaft „zum totalen Krieg“ gegen alle Andersdenkenden herauszufordern.
Linke Gesellschaftskritik in einem Atem mit faschistischem Gebaren und faschistischem Gedankengut also. Dass die Nazis genau das versuchen, ist sicher korrekt beobachtet. Aber dass auch dieser Film linke Argumentationen, menschliche Ideale wie Gerechtigkeit und Chancengleichheit ausschließlich als trojanisches Pferd für rechte Ideologie vorführt und nutzt – das gibt mir gewaltig zu denken.

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S-Bahn Begegnung

Ich kriege sie nicht mehr aus meinem Kopf.

Wer täglich mit der S-Bahn in Berlin herum fährt, wird sich sicher nicht darüber wundern, denn die Arbeitslosen und HartzIV Empfänger, die zwischendurch zusteigen und dann höflich um eine Geldspende bitten, gehören sicher auf allen Strecken zum Alltag. Die meisten Fahrgäste reagieren nicht, selten aber reagieren sie irgendwie ungehalten. Die ständige Konfrontation mit dem Schicksal der vielen, die es sehr viel schlechter getroffen haben in unserem Land, ist offenbar tolerierte Zeiterscheinung.

Als sie herein kam, war ich von ihren Augen fasziniert. Sie waren klug und gütig. Ihre kleine Rede trug sie selbstbewusst vor, keineswegs bettelnd oder devot. Und neben ihrem sicheren Auftreten war sie gleichzeitig,vorsichtig, behutsam fast sanft zu uns. Sie sprach von ihren unerträglichen Schmerzen und freute sich über die Sonne, die gerade für einen Moment herausgekommen war. Und dann trug sie ein Frühlingsgedicht vor, das sie mit den Worten kommentierte: „Ich schreibe ein bisschen, irgendwas muss man ja machen.“ Ich war berührt. Ihr Blick hatte etwas Vertrautes, wie der Blick einer Freundin.
Ja, so könnte es auch enden, dachte ich schockiert: alt, alleine, mit Schmerzen, die nicht zu bändigen sind, weil die Medikamente und der Arzt so viel kosten, darauf angewiesen, die Mitmenschen um Hilfe zu bitten. So aber, ohne sich irgendetwas dabei zu vergeben, so würde ich es nie können. Ich bewunderte sie und blieb etwas verwirrt zurück, als sie weiter ging und ich ihre sanfte, deutliche Stimme ein paar Sitzreihen weiter erneut hörte. Ich musste den Drang unterdrücken, sie nach ihrem Namen zu fragen, nach ihrem Leben.

Möglicherweise ist das alles nur ihr Betteltrick gewesen. Vielleicht kennen die Leser meines Blogs sie auch. Vielleicht kennt sie schon jeder in Berlin. Sei’s drum. Ich gönne ihr diese Fähigkeiten, andere zu rühren und wünsche ihr viel Erfolg!

Bevor ich dieses Posting losschicke, habe ich man ein wenig recherchiert nach Bettelei in der U-Bahn und bin dabei auf einen interessanten Disput gestoßen.

Ein schönes Beispiel für Meinungsbildung und dafür, wie wichtig es ist, sein Andersdenken nicht zu verschweigen sondern mitzureden: flugs steht keiner mehr zu seinen vorigen Vorurteilen, zu mindest im Chat.

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Storch eingetroffen

Obwohl der Himmel düster über unserem Dorf hängt und in den nächsten Nächten wieder mal Frost droht:

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Heute war er auf einmal da, stand groß und weithin sichtbar auf dem alten Storchennest und sorgte erst mal für Ordnung, bis Madam auch eintreffen wird und die Zeit fürs Eier legen kommt.
Im August ziehen sie schon wieder gen Süden. Aber dass sie nun doch schon kommen spricht dafür, dass der Frühling – auch hier oben im kühlen Brandenburger Land – doch unmittelbar bevorsteht.

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Vom Eise befreit

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Jena, vom Fuchsturm ins Ziegenhainer Tal … hier könnte Goethe die Zeilen erdacht haben.

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Der Schoß ist fruchtbar noch…

Wie es so ist:
Erst wenn man es selber erlebt oder wenn es Menschen in nächster Nähe betrifft, wird man richtig wach.

Vorgestern wurde der Exfreund der Freundin meiner Tochter im Bus von 5 Neonazis provoziert, als schwul beschimpft und anschließend zusammengeschlagen. Keiner der im Bus Anwesenden griff ein. „Bei 5 Typen“, sagt meine Tochter, „was soll man denn da machen?“ Sie verbreiten Angst.
Der jungen Mann konnte noch zur Polizei gehen und Anzeige erstatten. Mal sehen, ob die Polizei, unser Freund und Helfer sein Anliegen ernst nimmt …

Ich denke weniger, dass es für jeden möglich wäre, sich in solchen Situationen direkt einzumischen. Ich denke: Es ist die duldende Atmosphäre in unserer Bevölkerung, die diese Leute ermutigt, ihr aggressives Verhalten in aller Öffentlichkeit vorzuführen und ihr Rassen feindliches und Menschen verachtendes Denken zu entwickeln, ohne dabei auf eine für sie ernst zunehmende gesellschaftliche Grenze zu stoßen. Sie wissen, dass sie Sympathiesanten haben. Wie viele im Bus z.B. werden nicht ganz insgeheim gedacht haben: „Na ja, irgendwo haben sie ja Recht: Schwule sollten hier nicht im öffentlichen Bus mitfahren können und nehmen mir sitzen dürfen.“ Ich wage keine Einschätzung, aber ich bin sicher, dass es mehr Menschen gibt – und keineswegs nur jungen Menschen! – , die ihre braunen Gedanken und Einstellungen fröhlich frei herauslassen würden, wenn die gesellschaftliche Ächtung noch ein wenig mehr abnehmen würde, als es schon jetzt der Fall ist.

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Ostermarsch seit 50 Jahren

Ganz so lange bin ich nicht dabei, aber ich kenne noch die Zeiten, wo wir dicht gedrängt standen, wo wir nicht schlichen, wie bei einer Fronleichnamsprozession, sondern wirklich ausgeschritten sind oder gar Arm in Arm rannten….
Ich kann mich an Antikriegs-Demos erinnern, wo wir uns zu stark gefühlt haben und voller Hoffnung.

In Berlin gingen heute zwar nicht zig Tausende auf die Straße wie vor 20 Jahren, aber es waren definitiv deutlich mehr, als die Polizei sich und der Öffentlich einreden will, wenn sie von 350 spricht.

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Nach meiner Schätzung waren es sicher an die 1000 Leute.

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Bei strahlendem, wenn auch kaltem Frühlingswetter zog ein bunter Menschenzug vom Adenauerplatz bis zum Breitscheidplatz. Überall Plakate, rote Fahnen und leuchtende blaue Luftballons mit der Friedenstaube.

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Es war ein buntes Volk, viele politische Splittergruppen, viele Individualisten, die ihren Demonstrationsspruch auf kleine und große Plakate geschrieben hatten : “Ich möchte nicht, dass man mich am Hindukusch verteidigt”, “Ich bin Irak”,”Soldaten raus aus Afganisthan”, “Krieg fängt mit üben an”.

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Vertreten war stark die Linke, auch Ver.di . Die Grünen, die lange Jahre mit dabei waren – wie vom Erdboden verschollen. Nur konsequent, immerhin.
Viele DemonstrationsteilnehmerInnen waren schon über 50, alle mit dem Bedauern im Blick, dass die Friedensbewegung nicht mehr das ist, was sie einmal war: eine wirkliche Massenbewegung. Ich habe aber auch eine ganze Menge junge Leute gesehen.

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Der Zug ging vorbei an der Gedächtniskirche. Wer denkt noch daran, woran sie erinnern soll?
Nichts vergessen Menschen so schnell wie etwas Schreckliches, das war. Aber noch weniger sind sie offenbar bereit, Gefahren und Schrecknisse, die auf sie zu kommen, zur Kenntnis zu nehmen. In diesem Sinne wurde Brecht zitiert bei der Abschlusskundgebung.

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Die dringende Sorge um Frieden bewegt Menschen in allen möglichen Lebenssituationen.

Leider nicht annähernd genug.

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Ich bin aufgewachsen in der Zeit des kalten Krieges, in der uns die Furcht vor einem neuen Krieg  immer präsent war.
Und heute? Nimmt es überhaupt jemand zur Kenntnis, dass auf der Welt zur Zeit so viele Kriege blutig ausgetragen werden? Und wer es ist, der diese Art von Politik mit Schwung vorantreibt?
Findet jemand noch was dabei, dass die Deutschen mal wieder mitmischen im großen Verteilungskrieg, diesmal um Öl, unter dem Motto: “wir bringen denen die Freiheit und die Demokratie”.
Warum gewöhnen sich Menschen daran, dass Menschen sterben, bis heute 4000 amerikanische Soldaten und 80 000 irakische Zivilisten.
Krieg scheint wieder salonfähig, scheint wieder normal zu sein. Wir werden Stück für Stück wieder daran gewöhnt.

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Bei der Abschlusskundgebung sprach eine deutsche Soldatin, die zur Zeit aus Afganisthan nach Hause strafversetzt ist. Sie kannte den Krieg aus der unmittelbaren Nähe und nahm kein Blatt vor den Mund. Kompliment!

 

 

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Osterwasser

Im Spreewald wurde der Brauch vom Osterwasser wieder zum Leben erweckt.

Wie schön für die Touristen. Aber wer mal ein richtiges Osterwasser sehen möchte, kann zur Streusandbüchse nach O. kommen.

Wir haben seit Januar Hochwasser. Der Grundwasserspiegel, seit 30 Jahren in dieser Gegend maximal bei cm 60 cm, steht seit dem in Erdbodenhöhe, also bei Null.
Als die erste Januar-Katastrophe langsam abgeklungen schien, kam Emma und machte alles noch schlimmer. Seit dem steht das ganze Grundstück unter Wasser und nichts sickert ab.

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Ein kleiner Badesee vor der Eingangstür … (Anfang März)

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Land unter: Blick vom Balkon in den Garten (Anfang März)

Wir sind natürlich nicht alleine betroffen. Schätzungsweise 30 Grundstücke in unmittelbarer Nähe kämpfen mit dem Grundwasser. Beim Nachbarn steht ein mit Regenwasser angefüllter Swimmingpool, an dem das Wasser von außen schon zur Hälfte seiner Höhe angestiegen ist. Auf dem anderen Grundstück neben uns hat sich ein See etabliert, der schon Entengrütze ansetzt und sich heute, zu Ostern, romantisch als See in Schneelandschaft präsentiert.

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Wie heimelig sich das kleine Haus im Wasser spiegelt ….

Wir haben in den letzten Wochen in Handarbeit den ganzen Garten um 20 erhöht.

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Auf den Fotos sieht man, dass das Grund- und Regenwasser trotzdem bis zur neuen Gartenoberfläche steht.

Das Wasser der unbefestigten Straße (im Bürokratendeutsch: Kategorie 4; 5 und 6 gibts nicht!)

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nichts geht mehr…

läuft und läuft auf unser Gelände und sammelt sich am Fuße unseres Holzhauses. Wir pumpen jeden Tag …. um das allerschlimmste zu verhindern.

Ansonsten hoffen wir auf einen trockenen Sommer und darauf, dass wir vielleicht doch noch das Herz der hiesigen Bürokratie berühren und die Kanalisation dieser tiefliegenden Ecke des Landes Brandenburg im Haushalt doch noch vor 2012 eingeplant wird.
Es wird Zeit, dass wir uns hier zusammentun und die Behörden auf Trab bringen, ehe wir ganz abgesoffen sind.

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Ankunft im Moor

Meine Literaturhomepage Geschichtenwerkstatt ist beim glashaus ausgezogen. Ich habe jetzt dafür eine direkte Internet-Adresse:
www.poesieundtexte.de
Vorläufig bleiben beide Zugänge bestehen.
Hier eine Kostprobe neuer Gedichte:

Ankunft im Moor

Wir aber haben Zeit.

Im Hochmoor zählen nur die Jahrtausende.

Wassergraben im Moor

Zwischen rostrot eingesäumten Wassergräben

und blassgrünen Wiesen,

die erst am Horizont enden,

wird sich das Frühjahr ganz langsam entfalten.

Noch hält der Frost die Luft an.

Hohe Binsenrispen vom Vorjahr

glitzern wie blühendes Eis.

Binse im Moorsee

Kahle Erlen stehen mit geschlossenen Augen

in der Morgenhelle.

Die Stille wartet auf die ersten Lerchen.

Und voller Verheißung legt das warme Sonnenlicht

seine Hände auf unsere Wintergesichter.



Weg durchs Moor

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