Albtraum

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Die Karikatur ist der von NABU herausgegebenen Broschüre: Nur gucken, nicht streicheln entnommen.

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Wilhelm Busch …. die Liebe war nicht geringe….

Literatur beschäftigt sich seit der Antike mit der jungen Liebe, dieser beflügelten Zeit, in der all unsere Sehnsüchte und Träume in Erfüllung zu gehen scheinen.
Mich hat schon immer gewundert, dass der Alltag einer Beziehung mit ihren Routinen, der drohenden Langeweile und mit ihren Krisen und Beziehungsproblemen viel seltener Thema von Literatur und Kunst ist.

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Paar in Berliner Café

„Beziehungskisten“ findet man, wenn man sich nur umsieht: kaputte Ehen, krieselnde Partnerschaften, Seitensprünge, neue Beziehungen, andere Beziehungen, der Wunsch nach neuer Freiheit, der Wunsch nach der besseren Beziehung… Allzu oft signalisieren solche Phänomene das Ende einer Beziehung. Ihre Bewältigung aber wäre unser Glück.

Nach dem Thema „Kinder haben“ und dem Herbstthema: „Abschied, Herbst, Trauer“ habe ich beschlossen, in meine Literatur-Homepage für die nächsten Monate etwas ganz anderes einzustellen. Etwa ab Mitte Januar sind dort Kurzgeschichten, Gedichte und eine Erzählung zu lesen zum Thema: BEZIEHUNGSKISTEN.


Als Jugendliche habe ich mich über das folgende Gedicht geärgert. So stellte ich mir meine Zukunft nicht vor. Auf eine solche Beziehung wollte ich gerne verzichten.

Heute muss ich schmunzeln und schreibe es mit Vergnügen und natürlich auch zur Ehre des Jubilars hier auf:

Die Liebe war nicht geringe – Wilhelm Busch

Die Liebe war nicht geringe,
sie wurden ordentlich blass;
Sie sagten sich tausend Dinge
und wussten immer noch was.

Sie mussten sich lange quälen,
doch schließlich kam’s dazu,
dass sie sich konnten vermählen.
Jetzt haben die Seelen Ruh.

Bei eines Strumpfes Bereitung
sitzt sie im Morgenhabit;
Er ließt in der Kölnischen Zeitung
und teilt ihr das nötigste mit.

So ist das Leben. Und diese Variante ist vielleicht die beste von allen?

Sehr oft geht es dramatischer zu, heftiger, mit Schmerzen und Hass verbunden, mit Enttäuschung und Unglück.

Hiervon werden meine Texte erzählen …

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So ein Pech!

Da stelle ich nun seit Monaten etliche meiner literarischen Texte ins Netz (poesieundtexte.tageundjahre.de) , hege und pflege die Homepage und den dazugehörigen Blog (textearchiv.tageundjahre.de), hoffe, dass es Leute gibt, die meine Sachen lesen, entdecken und vielleicht auch mal einen Kommentar dazu schreiben….

Man hat es sich ja schon vor Jahren abgeschminkt, mit seinen Schreibereien mal bekannt zu werden, aber so ganz ohne Leser geht es nicht. Und obwohl ich mich manchmal irritiert frage, was meine „Kinder“ das so treiben, ganz alleine im www, warte ich geduldig. Ab und zu trägt sich mal wer in mein Besucherbuch ein. Ansonsten verfolge ich regelmäßig die Statistik und sehe wie oft meine Internetseiten aufgerufen werden. Es ist nicht die Welt, aber eine kleine Gemeinde läppert sich so schon zusammen.
Und da erreicht mich heute ein Kommentar. Kein Lob, kein Gruß, ein Hilferuf!

„Meine Tochter Yvonne (11 Jahre)braucht ganz dringend eine kurze Erzählung über das Thema: So ein Pech.
Haben Sie Lust und Laune, mir eine kurze Erzählung zu schicken? Sie würden mir sehr helfen, da ansonsten ich „mein Hirn anstrengen müsste“!
Liebe Grüße S. P.“

Vor einiger Zeit hatte ich im Rahmen der Geschichten-Werkstatt angeboten, das Schreiben von Geschenk-Geschichten zu übernehmen, z.B. die Geschichte vom Kennenlernen, die eine Frau für ihren Mann zum 40. Geburtstag wünscht oder die Geschichte von der schweren Krankheit, die der Sohn als kleines Kind hat durchmachen müssen anlässlich seines 18. Geburtags ……. Damals wollte keiner sowas haben, leider. Ich hatte es mir interessant und anregend vorgestellt.

Und nun kommt doch ein Auftrag für eine Geschichte, aber was für einer.
Im ersten Moment war ich sauer. Wie komme ich dazu, faulen Schülern ihre Aufsätze zu schreiben?

Aber dann habe ich doch geantwortet:

„Hallo Sissy und Elisabeth, eigentlich würde ich empfehlen, doch das Hirn selber anzustrengen! Schreiben kann doch wirklich richtig Spaß machen.

Wie wärs dann also mit folgender Geschichte:

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Au Backe, es war Samstag Abend und ich stellte fest, dass ich ganz vergessen hatte, den Aufsatz zu schreiben. „So ein Pech!“ hieß das Thema.

Schon als unsere Lehrerin das Thema an die Tafel schrieb, wusste ich sofort: dazu würde mir nichts einfallen. Gegen Abend kam ich in meiner Not auf die Idee, im Computer zu suchen. Mutti dachte, ich spiele mein neues PC Spiel und ich konnte also in Ruhe ins Internet. Ich gab alles Mögliche ein. Dann, bei dem Stichwort „Geschichtenwerkstatt“ spuckte der PC eine Adresse aus. Eine Frau veröffentlichte dort Gedichte und Geschichten. Und der Name Geschichten-Werkstatt konnte ja gut heißen, dass sie auch Geschichten auf Wunsch schreiben kann.
O.K. ich mailte sie an und erhielt gleich Sonntag Morgen eine Antwort.
Ihr werdet es nicht glauben:
Die Frau war meine Lehrerin, die hier unter einem Künstlernamen schrieb. So ein Pech!“

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Na, vielleicht hat Sissy Spaß an dieser Geschichte.

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Anka und die Tierärzte

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Jeder, der Ankas Homepage kennt, weiß, dass Tierärzte und Tierarztpraxen zu Ankas persönlichen Feinden gehören.

Wie das kommt, ist mir eigentlich unklar. Es ist eigentlich nie etwas Einschneidendes passiert. Aber wenn Anka in einer Tierarztpraxis im Wartezimmer sitzen muss, zittert sie am ganzen Leib und würde, wenn man sie ließe, über alle Berge weglaufen.
Als wir Anka hier in unserer Streusandbüchse aufgenommen haben, war klar, dass eines Tages auch hier das Tierarztproblem auf der Tagesordnung stehen würde. Auf dem von meiner Tochter mitgelieferten Impfpass war ein Zettel befestigt, auf dem die bisherige Tierärztin vermerkt hatte: nächster Impftermin November 2007.

Zu unserem Glück siedelten sich gerade Mitte des Jahres 2007 ein Tierarztpaar hier im Dorf an, ganz in unserer Nähe, nur etwa 7 Minuten zu laufen. Das war natürlich attraktiv, weil wir Anka so nicht per Auto sonst wohin fahren müssen. Also war klar: Hier werden wir hingehen im November.

Meine Tochter hatte uns geraten, Anka rechtzeitig an die Tierarztpraxis zu gewöhnen, damit es im November nicht soo schwierig werden würde. Gesagt getan: Ich ging in die Praxis und fand zwei freundliche, hilfsbereite, kompetente Leute vor, die sich darauf einließen, dass wir mit Anka ab und an mal kurz zu Besuche kommen und dann ohne jede Behandlung wieder verschwinden könnten.

Beim ersten Mal ging Anka völlig entspannt und arglos in das leere Wartezimmer aber kaum hatte sie die Lage erkannt, zeigte sie heftigste Fluchtreflexe. Und selbst als wir mit den beiden Ärzten plaudernd und ohne weiter auf sie zu achten im Wartezimmer saßen und ihr die Ärztin ab und an Leckerlis zuwarf, lief sie wie ein eingesperrter Tiger durch den Raum und war hektisch, nervös,voller Panik. Das wiederholte sich für viele Wochen immer wieder. Verrückter Weise zeigte sie dabei sogar Neugier und sah sich freiwillig im Behandlungszimmer um. Aber wenn wir auf der Straße an dem Haus vorbei liefen oder auch nur auf ihrer „Kackwiese“ nicht die Richtung nach Hause sondern die ins Dorf einschlagen wollten, die uns in die Nähe der Arztpraxis geführt hätte, gebärdete sie sich wie toll, lief weg, versuchte uns mit allen Mitteln dazu zu überreden, doch in die andere Richtung zu gehen.

Trotz der vielen Bemühungen und Versuche und der geduldigen und liebevollen Behandlung durch die beiden Mediziner, es blieb dabei. Anka tat alles, um die Konfrontation zu vermeiden. Ein wirklicher Gewöhnungseffekt war nicht auszumachen.

Schließlich fuhren wir Anfang Dezember mit ihr auf den Parkplatz, Kranich schnappte sie sich und trug sie auf den Armen dirket ins Behandlungszimmer. Dort hielt er sie gut fest und sie stand da, ein wenig zitterig aber mit lang vorgestreckter, neugieriger Nase und ließ alles mit sich machen. Als die Sache vorbei war, war unsere Anka allerdings schneller wieder draußen, als man gucken konnte.

Und dann stellte sich heraus, dass wir zu spät zum Impfen gekommen waren. Der Zettel der früheren Tierärztin ist unerklärlich. Die Impfungen waren im Juni fällig.

Also heißt es nun Anfang Januar wieder: Auf zum Tierarzt. Kranich wird alleine und zu Fuß hingehen müssen, weil ich nicht da bin. Und Anka wird wieder wie ein Lamm, das zur Schlachtbank getragen wird, Herrchen ergeben alles über sich ergehen lassen. Wenn wir das alles im Juni gewusst hätten, wäre manches einfacher gewesen. Trotzdem, es war eine interessante Erfahrung.

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Erziehungscamp

Die landesweiten Reaktionen auf den Überfall, der auf den Münchner Rentner verübt wurde, sind nur die Spitze eines Eisberges. Es geht nicht nur um Wahlkampf dabei oder vielmehr: zum Wahlkampfthema eignet sich diese Geschichte, weil sie Volkes Seele an- und ausspricht: Man ist empört, dass junge Gewalttäter deutsche Menschen überfallen. Dass sollten wir uns nicht bieten lassen, was haben die überhaupt hier zu suchen? Raus mit ihnen oder aber hart bestraft und weggesperrt!

Die zunehmende Tendenz, auf soziale Abweichung mit Sanktionen und hartem Durchgreifen zu reagieren, ist in der Politik und ebenso in der Bevölkerung nicht zu übersehen.
Die Strategien einer wissenschaftlich orientierten Resozialisierung, die den Erziehungsprozess vor die Strafe stellt und die z.B. Hilfe zur Erziehung anstelle von U-Haft fordert, erscheint nicht mehr akzeptabel, wird als weich und der Realität nicht angemessen angesehen. Die Bereitschaft, sich mit Menschen abzugeben und sie zu „alimentieren“ , die nicht bereit sind, sich unseren Sitten und Normen anzupassen, ist ohnehin dünn geworden. Wenn es sich auch noch um Straftäter handelt ist die Toleranz endgültig vorbei und ein Gedanke an die Würde und den Anspruch dieser jungen Menschen auf eine ihrem Wohl entsprechende Entwicklung ist einfach nicht mehr drin.

SozialarbeiterInnen wird Kuschelpädagogik vorgeworfen und Erfolglosigkeit. Man setzt jetzt (wieder) auf Strafe, Umerziehen, Einsperren und Abschieben. Und das ganze nennt man liebevoll „Camp“. Der Barras hat ja bekanntlich noch nie jemandem geschadet und ein bisschen Pfadfinderei wird hier sicher was Gutes bewirken….
Warum aber junge Migranten möglicherweise besonders leicht aggressiv sind, wird dabei nicht hinterfragt. Geht man davon aus, dass Ausländer von Natur aus brutaler sind als wir oder dass ihre Kultur Brutalität eher zulässt? Fast sieht es so aus. Schmeckt das nicht ein bisschen nach Rassismus?
An die gesellschaftlichen Ursachen, die in unserem Land, in unserer Gesellschaft liegen, an die Bedingungen und die Perspektiven, unter denen hier Migranten aufwachsen, scheint niemand zu denken. Keiner fühlt sich schuldig oder auch nur zuständig – am besten abschieben, einsperren!

Nicht nur Frau Merkel liebäugelt vermutlich mit amerikanischen Verhältnissen, wenn sie vom Erziehungs-Camp spricht. Schließlich ist der Strafvollzufg in den USA in den letzten Jahrzehnten wesentlich drastischer gewachsen und ausgebaut worden als bei uns.
Der Spiegel stellt ein Video zur Verfügung, das den, wie es dort heißt, „Kinder-Gulag“ von Texas vorstellt, eine supermoderne Erziehungsanstalt, die offenbar gleichzeitig Gefängnis und gnadenlose Umerziehungsanstalt ist.

Bei Anschauen dieses Videos ist mir – trotz einiger kritischer Andeutungen des Reporters – nicht wirklich klar, ob es sich nicht doch um einen Propagandafilm für dieses Modell des Jugendstrafvollzuges handelt. Alles ist clean, die aggressiven Täter sind zu bezähmten, beherrschten, zu ungefährlichen Gestalten geworden.
Man kann also aufatmen: Sie sind sicher weggesteckt und sie werden kaum rückfällig werden; Denen wird ihr Wille so weit ausgetrieben, dass sie das gar nicht mehr können.
In dieser Anstalt findet tatsächlich ein ungeheuerer Umerziehungsprozess. Mit Sprechverbot und Berührungsverbot, mit Drill und Denkverbot, dem Zwangsabsingen von Kirchenchorälen und mit der Zwangsverabreichung nicht benannter Medikamente übertrifft dieses „Camp“ alles, was je von Goffmann seinerzeit (1961) als „Totale Institution“ gegeiselt wurde. Ich werde an die Geschichte bei Aitmatow (Der Tag zieht den Jahrhundertweg) erinnert, wo ein kirgisischer Stamm bei den jungen Gefangenen eines anderen Stammes mit einer nassen, sich dann beim Trocknen zusammenziehenden Rinderhaut das Weiterwachsen des Gehirns verhinderte und sich so hilflose, bereitwillige Idioten für die schwere Feldarbeit heranzog.
Wofür werden die 11 – 17 jährigen Menschen benutzbar sein, wenn sie diese Mischung aus Isolationsfolter und militärischem Drill lebend überstehen?

Vor vielen Jahren hat René Spitz (1976) die Ursachen für das aufgedeckt, was wir als „Hospitalismus“ bezeichnen: die für Kinder tödlichen oder psychisch vernichtenden Folgen von Kommunikations- und Beziehungslosigkeit in damaligen Heimeinrichtungen.
Hier werden diese Methoden nun produktiv und gezielt eingesetzt, um die Gesellschaft von Tätern zu befreien, für deren Entwicklung zu Tätern sie zumindest mitschuldig ist.

Natürlich haben wir ausreichende Gesetze. Und wir haben auch die sozialpädagogische Professionalität, die – wenn sie angemessen ausgestattet und konsequent angewendet wird – solchen jungen Straftätern die Chance für eine andere Entwicklung geben kann.
Aber soviel Mühe und Kosten scheut man für Leute, die man als gefährliche Schmarotzer unserer Gesellschaft sieht.
Dann lieber solche Camps! Die kosten zwar vermutlich mehr, aber das ist dann doch eher eine Investition, die lohnt und an die man glauben kann. Stimmt’s!?

ansehen:
http://www.spiegel.de/video/video-25548.html

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Klausi’s Kommentar: Wozu das Ganze?

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Da steigen meine alten Herrschaften ins Auto und fahren den ganzen Tag, fahren ungefähr 600 km weit. Dann bringen sie mich in eine fremde Wohnung, in der es nach Chemie riecht und die ein bisschen ungemütlich ist. Hier verbringen sie vier Tage, fahren zwischendurch immer wieder weg und ich darf auf dem Fensterbrett sitzen und warten.

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Draußen sehe ich komische Sachen, eine Mühle, so eine von früher, ziemlich altmodisch und bestimmt nicht besonders effizient und dicke Türme, die ganz hell erleuchtet werden, wenn es dunkel wird.
Und alle Viertelstunden bimmelt so ne blöde Glocke von dem dicken Kirchturm. Wenn die viermal hintereinander gebimmelt hat, dann schlägt noch eine andere, tiefer klingende Glocke und gegen Abend hört sie fast gar nicht mehr auf. Jede Menge Schläge, vier und noch viel mehr. Weiter kann ich leider nicht zählen. Aber was solls, haben die Leute hier keine anständigen Digitaluhren? Wer hat denn heute noch die Zeit, dauernd nachzuzählen?
Meine Mutter sagt, die Betten wären nicht so gut wie zu Hause. Das Ledersofa findet sie kalt. Es gibt viel zu wenig Steckdosen. Ja warum sind sie denn dann überhaupt hierher gefahren?
Immerhin, nach vier Nächten packen sie alles wieder ein und machen die gleiche lange Tour zurück.

Unsere Töle findet das ja nicht schlimm. Die ist ja einfach nur froh, wenn die Alten sie mitnehmen und hier und da mal ein Leckerli rausspringt. Die ist viel zu dumm, um sich über den Sinn dieser Reise Gedanken zu machen.
Mich aber beschäftigt die Frage immer noch, auch jetzt noch, wo wir endlich wieder zu Hause sind und ich mich wieder auf dem Bett meiner Mutter rumflätzen kann:
Wozu das Ganze?

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Xanten: zur Jahreswende bei den Römern

Obwohl ich in Oberhausen im Ruhrgebiet groß geworden bin, war ich bisher nur einmal in Xanten .

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Blick aus unserem Fenster über den Wall auf die Innenstadt

Xanten liegt gute 30 Kilometer weiter nordöstlich, ein Städtchen im Kreis Wesel.
Bekannt ist Xanten als legendäre Geburtsstadt Siegfrieds. Heute gibt es eine Kriemhilde-Mühle, in der sehr leckere Biobrötchen gebacken werden und noch allerlei andere Erinnerung an die Nibelungensage.
Schön ist das gepflegte, einladende Stadtbild mit dem mittelalterlichen Klever Tor, das ehedem erbaut wurde, um den Grafen von Kleve zu beeindrucken und damit von Überfällen auf die Stadt abzuhalten. Auffällig und zum Silvester-Konzert üppig besucht steht im Zentrum der Stadt der große frühgotischer Dom, das St. Viktor-Stift.

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Xanten bei Nacht

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gegen Abend am Klever Tor

Und vor allem liegt vor den Toren Xantens eine riesiges, neurömisch ummauertes Areal, ein Freilichtmuseum, ein Mix aus originalen und restaurierten Resten und Bauwerken,das sehr anschaulich demonstriert, wie die frühere Römerstadt Xanten aussah, die wegen ihres Hafens am Rhein (später versandete der Rheinarm und die Stadt verlor ihren Hafen und ihre große Bedeutung als römische Stadt) neben Köln im heutigen Norddeutschland die römischen Stadtrechte besaß.

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ein römischer Kran

Hafen-Tempel

Am meisten hat mich beeindruckt, dass die Römer ihre Bürgersteige überdacht hatten. Dies schien mir eine sehr verständliche und praktische Reaktion auf das niederrheinische Wetter, das sie hier vorgefunden haben und das auch am Jahresende 2007 mit Kälte und Nässe daherkam und uns daran hinderte, viele Fotos zu machen.
In einem Spielehaus konnte man die römischen Spiele der Erwachsenen und Kinder bestaunen und selber ausprobieren. Es gab bei den Römern neben Würfel- und Brettspielen, Puppen, Steckenpferden und Wagen vor allem auch kleine Haustiere als Spielkameraden. Der Fund eines Knochens belegt, dass es Hunde gab, die nur 17 cm groß gewesen sind!
Das Durchschnittsalter der Personen, deren Grabmäler erhalten geblieben waren, belief sich auf traurige 30 Jahre ….
Ob das nun am trüben nebeligen Wetter lag oder auch unter Roms Sonne nicht anders gewesen wäre?

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Spaziergang am Niederrhein

Xanten war uns für einige Tage eine gastliche Stadt und ich kann einen Besuch dort nur empfehlen für jeden, den es in diese westliche Ecke unseres Landes verschlägt.

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am Klever Tor

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Besuch bei einem alten Mann

Über Silvester waren wir bei meinem Vater in Oberhausen, haben erzählt, sind mit ihm zum Essen gefahren, haben Kaffee getrunken…

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Ich kann mich noch erinnern, als mir zum ersten Mal auffiel, dass mein Vater älter wurde. Das muss in meinem vierten oder fünften Semester gewesen sein.
Bis dahin war er für mich immer der fite, zähe, starke Mann gewesen, dem nichts schnell genug gehen konnte und der es gewohnt war, hart zuzupacken und sich anzustrengen. Außerdem war mein Vater unglaublich geschickt, praktisch begabt und zu allerlei Handwerkereien fähig: Er konnte unsere Schuhe besohlen, er schnitzte unsere Kasperlefiguren, er baute uns ein wunderbares Schaukelpferd, er verlegte Leitungen, baute nach dem Krieg unsere Möbel selber und für seine Enkelkinder viel später eine riesige Eisenbahnlandschaft oder ein neues Kasperletheater… Seine Schrift war vorbildlich exakt und durchaus auch angenehm, zu betrachten, auch feinmotorisch war er begabt.

Als ich als Studentin eines Tages merkte, dass er die ersten Falten im Gesicht bekam, dass er nicht mehr drei sondern nur noch zwei Stufen auf einmal nehmen konnte, war das nur der allererste Anfang.
Jetzt ist er 89 Jahre und das, was man einen Greis nennt. Er ist gut 10 Zentimeter kleiner als früher, er kann sich seine Knöpfe nicht mehr zumachen, er fühlt nichts mehr in seinen Fingern, jede Bewegung der Arme oder Beide verursacht ihm große Schmerzen. Wenn er sich einen Kaffee macht, ist er anschließend so erschöpft, als hätte er den Garten umgegraben. Am Telefon meldet er sich mit der alt vertrauten, festen Stimme. Aber wenn man ihn sieht, weiß man, was er hinter sich hat und wie es um ihn steht.
Mein Vater ist noch völlig klar im Kopf. Er hat ein besseres Gedächtnis als seine Tochter. Man kann mit ihm reden wie in früher und er erzählt freiwillig und ausführlich, ja packend aus alten Zeiten, wenn er merkt, dass man ihm zuhört.
Natürlich habe ich all diese Geschichten schon oft gehört, als Kind und auch in den letzten Jahren, wenn ich ihn – was nicht sehr oft vorkam – besucht habe. Immerhin trennen uns 500 bis 600 Kilometer. Es rührt mich, welche kleinen Veränderungen heute an seinen Geschichten festzustellen sind. Er ist ganz offenbar nachdenklich geworden, nachdenklich und gefasst.

Mein Vater lebt nach wie vor alleine in seiner Wohnung. Er hat eine Putzhilfe und jemanden für den Garten, eine Bekannte, die für ihn einkauft und eine liebe Nachbarsfamilie, die nach ihm sieht. Seine Geschwister sind auch krank, leidend und alt. Am liebsten hat er heute seine Ruhe. Über unseren Besuch freut er sich. Auf seine Enkel ist er stolz. Das tut mir gut.

Vor dem Tod hat mein Vater keine Angst, wohl aber vor einem langen Leiden, einer langwierigen Hilf-und Würdelosigkeit. Am liebsten möchte er schnell sterben, wenn es so weit ist. Das ist sein letzter Wunsch. Sonst macht er einen fast zufriedenen Eindruck.
Er entschuldigt sich, dass er seinen ganzen Kram nicht selber noch durchgesehen und seinen Hausstand reduziert hat. Nun kann er es nicht mehr. Mein Vater wollte nie jemandem zur Last fallen und will es auch immer noch nicht.

Ich wünsche mir, dass ich eines Tages wenigstens ein bisschen von seiner Würde und Gelassenheit haben werde.
Ich wünsche ihm, dass er nicht leiden muss und vor allem, dass er nicht in die Maschinerie gerät, die sein Leben verlängert ohne ihn zu fragen, ob er noch weiter leben will.

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Frostspaziergang an der Lehnitzer Schleuse

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Weihnachtsbäume

Es ist mein letzter Arbeitstag vor der Weihnachtspause. Meine Motivation ist schon ziemlich abgesackt. Ich bin erstaunt, wie viele meiner Studenten so kurz vor Weihnachten noch kommen.

Es ist mein Seminar Familienkommunikation, in dem ich versuche, den Studierenden ganz konkret Möglichkeiten zu zeigen, wie sie als SozialpädagogInnen Kommunikationsprobleme in Familien bearbeiten können.
‚Heute geht es um das Phänomen, dass Menschen sich erbittert über Sachzusammenhänge streiten und eigentlich aber unausgesprochen dabei über ihre Beziehung sprechen und streiten. Ich ziehe mit der noch verbleibenden Energie ein möglichst zum letzten Seminartag vor Weihnachten passendes Beispiel aus der Tasche:

Mutter, frisch geschieden, alleine lebend mit dem 16jährigen Sohn, die beiden älteren Kinder sind aus dem Haus. Seit dem 1. Advent geht bei jedem Abendbrot der Streit los: sollen wir für uns beide dieses Jahr einen Tannenbaum zu Weihnachten kaufen oder nicht? Die Mutter führt alle Argumente der Welt dagegen an, die hohen Preise, die so schnell nadelnden Bäume, die fehlende Platz in der Wohnung usf. Der Sohn kämpft erbittert gegen seine Mutter an und führt die Tradition an und dass es doch immer so war, dass er gerne einen kleinen und billigen Baum akzeptieren will, dass Weihnachten ohne Tannenbaum einfach kein Weihnachten ist. ..

    Ich für meinen Teil versuche, die eigentlichen Argumente anzusprechen und herauszuhören und die beiden Kampfhähne zumindest dazu zu bekommen, dass sie begreifen, worum es dem jeweils anderen wirklich geht:

    Der Mutter geht es darum, dass sie einen Schlussstrich hinter das bisherige Familienleben ziehen kann, dass sie Weihnachten neu und unbefangen erleben kann, ohne traurig an die 10 schönen und ohne wütend und frustriert die folgenden, die 10 schrecklichen Jahre ihrer Ehe- und Familienzeit denken zu müssen ….

    Der Sohn möchte ein Stück seiner verlorenen Familienkindheit zurück bekommen und er will glauben können, dass er für seine Mutter nicht lästiges Familienüberbleibsel sondern ihr geliebtes Kind ist , für den ein schöner Weihnachtsbaum genau so lohnt wie früher für alls Drei…..

      Das Rollenspiel klappt prima und ich stoppe schließlich, als der Sohn zu seiner Mutter sagt: „Ich will dir was sagen, mit deiner Trennung von Papa bin ich überhaupt nie einverstanden gewesen!“ und jetzt wirklich über die Beziehung Mutter-Sohn gesprochen werden würde….. Die Studenten sind zufrieden. Ich auch, aber gleichzeitig bin ich erschüttert

      Was mich erschüttert, ist, dass diese kleine Szene bei fast allen Anwesenden zwischen 22 und 29 eine heftige Anteilnahme auslöste. Sie erhitzten sich für die Erhaltung der Weihnachtsbäume in ihrem Leben. Sollte die gesamte Situation für sie wiedererkennbar gewesen sein? Mit diesem kleinen Beispiel habe ich – ohne es zu ahnen – die Gemütslage meiner Studenten offenbar genau getroffen.

      Ich fahre nachdenklich und irgendwie erschrocken nach Hause in meine Wohnung, wo dieses Jahr so gut wie nichts an Weihnachten erinnert.

      Weihnachten steht für Familien und für glückliche Familie. Wir alle wissen, dass wir jedes Jahr an irgendeinem Punkt dieser rituaellen Geschichte enttäuscht werden von unseren Familien-Weihnachts-Feiern. Die Kinder haben sich ihre Geschenke anders vorgestellt. Die ersehnte Gemütlichkeit, das gemeinsame Erzählen über all das, was jedem im letzten Jahr passiert ist, bleiben auf der Strecke, weil die alten Streitereien und Empfindlichkeiten ausbrechen…

      Aber die Sehnsucht bricht jedes Jahr wieder neu aus.

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