Der erste Schnee in Berlin

Als ich heute früh aufwachte, war es merkwürdig hell. Dann sah ich den Schnee auf dem Dachfenster liegen. Anka hat sich riesig gefreut und richtige Wälzorgien im Schnee veranstaltet.

In unserem Pötschkekalender, der im Badezimmer auf der Fensterbank liegt und so manche Bauernregel enthält, wird für heute verkündet: Schnee im November – später Wintereinbruch im Januar.

Nun geht es also wieder los: Schneematsch, Salzringe auf den Schuhen, noch im Dunklen den Bürgersteig enteisen und streuen….

Man sollte sich an die schönen Seiten des Winters erinnern. Als ich meine Digitalkamera neu hatte, machte ich 2005 mein erstes Foto vom überraschenden Neuschnee in Berlin an einem Novemberabend wie heute.

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Diät(en)

 

Da bringen es unsere Bundestagsabgeordneten, die vom Volke gewählten Vertreter, einmal mehr fertig, sich mitten in Zeiten des Streiks der Lokführer um endlich und deutlich mehr Lohn und während die Briefträger ihre Enttäuschung verkraften müssen, dass es doch nichts ist mit Mindestlohn und in Zeiten, wo die Medien verkünden, dass jedes 6. Kind in Deutschland von Sozialhilfe lebt (und in meiner Kinderstadt Gelsenkirchen 60% der Migrantenkinder auf Hartz IV angewiesen sind), in diesen Zeiten sind sie dazu fähig, sich  mit der Erhöhung ihrer Diäten zu befassen und dabei kräftig zuzuschlagen. Wahrscheinlich begründen sie ihre Maßnahme mit der besseren Konjunktur unserer Wirtschaft. Aber die wenigsten derer, die sie vertreten sollen, haben von dieser Konjunktur auch nur einen Cent gesehen.

 

Was ist das nun: unsensibel, schamlos oder nur einfach geldgierig?

 

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Paula Modersohn-Becker

An ihrem 100. Todestag wird an sie gedacht.

Ob man ihr gerecht wird? Sie hat so viele Gesichter. Hier ein Bild von ihr, dass mich immer wieder entzückt. So eine lebendige, geradezu dramatische Tierdarstellung, man sieht es erst auf den 2.Blick…

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Folgende Zeilen habe ich geschrieben, nachdem ich ihre Briefsammlung gelesen hatte:

an paula becker

deine bilder waren mir immer
unheimlich.
kinder mit solchen augen!
wissend.
frauen ohne schönheit,
die freundlicherweise ablenkt
von ihrem gesicht.
wer wagt es,
so etwas zu zeigen?
und schon immer fiel es mir schwer,
wegzusehen.

nun kenne ich dich ein wenig,
deinen kampf um dich selber,
darum, endlich du zu werden.
und ich kenne sie nur zu gut,
deine gefangenschaft
unter den menschen,
die es nicht zuließen,
daß du du selber warst.

nun weiß ich es,
warum du immer wieder dich gemalt hast,
in allen gesichtern.
das war alles,
was du zu sagen hattest.
und es war sehr viel.
du hast es gewußt
und nicht geschwiegen.

dafür bewundere ich
und beneide ich dich.
du hast dich nicht unterkriegen lassen,
konntest gar nicht wirklich aufgeben,
immer wieder hast du dich ausgegraben,
durchgewühlt
und hast mit einer naivität,
für die ich dich küssen könnte,
den anderen mitgeteilt,
wie frei du dich fühltest –
ohne sie.

aber auch du hast doch,
immer noch und immer wieder
gewartet, dass da einer käme,
der an dich glauben würde.
und als keiner kam,
hast du dich einfangen lassen
von dem alten frauenschicksal:
kinder.
und daran bist du zerbrochen
und gestorben.

du hattest so viel mut,
so viel mehr mut als ich.
warum nur hat er dich verlassen.

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Platz! oder die Eurasier

Unter unserer Treppe im Wohnzimmer wäre so ein schöner Platz für Anka.

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Aber die liegt immer irgendwo mitten im Raum, am besten so, dass man über sie stolpert und immer so, dass sie uns sehen kann.

Wie schön wäre es, wenn man zu ihr sagen könnte „Geh auf deinen Platz“ und der Hund würde brav die Szene verlassen und sich auf seinen angestammten und ihm eigenen Platz zurückziehen. Das ging mit Puschka, meiner früheren Schäferhündin wunderbar. Aber Anka hat sich seit ihrer frühesten Jugend geweigert, irgendeinen Platz als den ihren und den, wo sie im Zweifel zu sein hat, anzuerkennen.

Ich stehe sehnsüchtig im Pflanzen- und Tierbedarf-Großhandel vor den Kissen und Körben, den Kissen mit Rand, um den Hunden das Gefühl zu geben, dass sie geschützt irgendwo drin liegen, nicht nur oben drauf. Sie sind teuer, waschbar, mehr oder weniger erträglich im Design.

Anka steht neben mir und interessiert sich viel mehr für die vielen Tüten Hundefutter und die Leckerliangebote im Nebenregal.

Da spricht mich eine Frau an: „Ach hier ist ja der schöne Eurasier“. Ich bin natürlich entzückt. Wir kommen ins Gespräch. Sie hat selber zu Hause zwei Eurasier, sie kennt sich aus. Sie schafft es, sich mit der Hand Anka zu nähern, ohne das die zurückweicht, sie bewegt die Hand nicht von oben auf Anka zu mit der Handfläche nach unten sondern umgekehrt von unten mit einer nach oben geöffneten Hand. Anka protestiert nicht sondern schnuppert interessiert an der Hand und lässt sich streicheln. Ich staune.

„Ich kenne doch die Eurasier! Die sind nicht so zutraulich, haben eine ganz schöne Portion Skepsis. Da kommt der Chow-Chow raus.“

Diese Frau ist wahrhaftig eine Kennerin dieser eigenwilligen Hunderasse. Die Gelegenheit ist günstig.

Ich frage, ob ihre einen Platz zu Hause haben, einen festen Platz?

Sie lächelt etwas nachsichtig. „Nein, natürlich nicht, die sind nicht auf einen festen Platz festzulegen. Unsere haben das nie gemacht. Die liegen immer bei uns und am liebsten auf unseren Füssen. Da kommt nun wieder der Samojede raus. Bei den Eskimos schlafen die immer mit im Zelt, als Bettvorleger und im Zweifel auch mit im Bett. Diese Dinger hier sollten sie nicht kaufen, das ist reine Geldverschwendung. Das macht ein Eurasier nicht mit.“

Ich bin geplättet.

Den Kauf verkneife ich mir.

Am Abend liegt Anka wieder mitten im Zimmer, dann vor dem Tisch, dann an der Treppe aber natürlich nicht darunter, dann vor dem Kachelofen und in der Nacht genau mitten unseren Betten.
Immerhin nicht drin.

P.S. Eurasier sind eine Rasse, die aus Chow-Chow, Samojede und Wolfsspitz gezüchtet ist.

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Kinderarmut

Jedes 6. Kind in Deutschland lebt oder lebte von Hartz IV. 1965 lebte im Westen nur jedes 75. Kind von Sozialhilfe.

Diese Zahl spricht für sich. Sie weist auf zwei Fakten hin:

1. die zunehmende Schere zwischen Arm und Reich in unserer Gesellschaft

2. die Folgen der aktuellen Politik eines „aktivierenden Sozialstaates“.

Wem eigentlich sollte man da lange Beine machen?

Im Übrigen entspricht dieses Ergebnis der sogenannten „Risiko-Gruppe“, die die Wissenschaftler der ersten Pisa-Studie identifiziert haben. Ca. 25 % unserer Jugendlichen erreichen das Hauptschulniveau nicht wirklich. Sie stammen zum größten Teil aus „bildungsfernen Elternhäusern“ und mit Sicherheit auch aus sozial benachteiligten Elternhäusern. Etwa die Hälfte davon haben einen Migrantenhintergrund. Weder die sozialpolitischen Schritte unserer Regierung noch die jetzt im Bildungssystem zögerlich anlaufenden Versuche sind geeignet, dieses Problem zu lösen. vgl. z.B. das Konzept G8

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Immer wieder umwerfend: „Wir können auch anders“

Es gibt ja Leute, die können einen Film nur einmal sehen. Ich bin der Meinung, dass sich ein Film, ein guter, wie gute Musik erst beim wiederholten Wahrnehmen wirklich ganz offenbart.

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Diesen Film habe ich heute abend das 5. Mal gesehen. Beim letzten Mal habe ich herrlich lachen müssen. Heute was es eher ein Schmunzeln.

Der Buck Film, der 1993 den Deutschen Filmpreis bekam, ist einfach wundervoll:
Die beiden etwas minderbemittelte aber sehr ungleiche Brüder Rudi und Moritz aus Münster in Westfalen (ausgerechnet!), haben in der eben erst „befreiten“ DDR, genauer an der Ostsee bei Schwerin, ein Gut geerbt. So glauben sie jedenfalls und treten mit einem uralten LKW, der Spitze 80 kmh fährt, die Reise durch das weite Land an. Ein desertierter russischer Soldat erzwingt, dass sie ihn mitnehmen. Es dauert nicht sehr lange, da sind die Drei ein eingeschworenes Trio. Rudi gibt ihm viel Geld, damit er seine Uniform loswerden und sich schick einkleiden kann. Und Viktor repariert den Motor des Wagens, verbreitet mit seinen Liedern gute Laune und seine Kalashnikow leistet gute Dienste. Die Direktheit und Unverstelltheit des Bruders Rudi, der zwar geistig etwas anders tickt als wir, der aber sensibler, in gewisser Weise sogar gebildeter und vor allem unvoreingenommener ist als alle anderen Menschen, die ihm begegnen, erwirkt unter den Dreien eine einfache und verblüfend menschlich Atmosphäre.
Rudis unerschütterbares, geradezu instinktives Bemühen um Gerechtigkeit und Solidarität macht ihn aber gleichzeitig auch zu einem Mann, der sich nichts bieten lässt und der tut, was zu tun ist, auch wenn er daraufhin polizeilich gesucht wird. Denn bei alle dem ziehen die drei sehr bald eine Spur von Verbrechen hinter sich her, Verbrechen, die sie alle quasi aus Versehen, im Vorbeigehen und ohne es zu wollen, begangen haben. Und obwohl sie am Ende einem riesigen Polizeiaufgebot gegenüberstehen, schlagen sie allen ein Schnippchen und landen tatsächlich irgendwo in Russland.

Das alles spielt in der traumhaften Landschaft zwischen Seen, schmalen, alten Alleen, weiten grünen Wiesen und schließlich der Ostsee, ein Roadmovie also.
Die Western-Anleihen und Zitate Bucks sind amüsant und machen den Film tatsächlich zu einem erfrischenden Eastern.

Auf ihrer Fahrt durch Brandenburg und Mecklenburg wenige Jahre nach der Wende gibt es dann kein Klischee, das Buck nicht zitiert:
die rechten Banden im Osten, die öden Kneipen, die grauen Häuserzeilen, der neue Nepp, das um sich greifende profitgierige Kleinunternehmertum, der arrogante Westkommissar, die Immobilienansprüche der Wessis, der singende und immer lächelnde aber scharf schießende Russe und die schöne, rothaarige Frau, die ihn sieht und ihm – fast ohne zu zögern – in seine russische Heimat folgt.

Aber an keiner Stelle wird der Film zum Klischee oder zum Kalauer. Denn diese ganze chaotische Welt und die Menschen darin, die alle versuchen, sich das Beste davon abzuschneiden, wird mit den arglosen aber wachen Augen des geistig behinderten Bruders beobachtet und so hat der Film keine Chance vor seiner unwiderstehlichen Gutgläubigkeit und Geradheit, in oberflächlichen Witz oder in Platitüden zu versinken.

Mich erinnert der Film nicht nur an das amerikanische Märchen, den Western. Es gibt alte Volksmärchen, die davon erzählen, dass der für dumm gehaltene und von allen verlachte am Ende der Klügere und auch der Schlauere ist. So ein Märchen ist dieser Film auch. Ein lustiges Märchen dazu.

Unvergeßlich die Szenen,
– wo der im Heim bisher für die Schweinezucht zuständige Bruder die Schweine aus einem Transporter befreit, weil sie am verdursten sind,
– wo die rechten Gängster vor der unerschütterten und entschlossenen Haltung der Drei mit ihrem Auto aus Angst rückwärtz in einen See fahren,
– wo sich der arglose, Tiere liebende Bruder zu einem Hund hinunterbeugt, der mit Maulkorb dasitzt und auf die liebevolle Anrede „Du bist aber ein Feiner!“, blitzartig seine Ohren hochschnellt und böse knurrt,
– wo in der Kneipe derFernseher die Suchmeldung nach den gemeingefährlichen drei Helden durchgibt und ein paar Schlägertypen daraufhin hastig das Lokal verlassen und ihr an den Stuhl gebundener Schäferhund, eben der, geduckt und mit dem Stuhl am Bein hinter ihnen her hastet,
– unvergesslich die ganze Szene der Geiselnahme, bei der sich die beiden Dorfpolizisten aus Angst vor Schüssen hinter ihrem Wagen verstecken während der voll trunkene Kneipengast, der alles mitangesehen hat, daneben steht und das ganze kommentiert wie einen Samstagabend Krimi…..

Ich würde den Film auch ein 6. Mal sehen!


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Politische Bildung tut not!?

In den Nachrichten ließ mich die Studie des Herrn Schröder (der Namensvetter hätte die Patenschaft übernehmen sollen!) an Berliner Schülern aufhorchen. Die Nachricht kam natürlich passend zum Tag des Mauerfalls und machte einmal mehr deutlich, dass es noch nicht ganz gelungen ist, die DDR für die Ostdeutschen und z.T. auch nicht für die Westdeutschen im Gruselbild einer menschenverachtenden, wirtschaftlich unfähigen Diktatur versinken zu lassen. Tenor:
Das Ergebnis sei niederschmetternd: unglaubliches Unwissen über die DDR und ein viel zu positives Bild über die DDR – je östlicher desto schlimmer!

Die Fragebogen Konstruktion ist bereits problematisch. Sie unterstellt Fakten, interpretiert Fakten und setzt damit eine „Wahrheit“ über die DDR. Und Meinungen, die von ihren m.E. in etlichen Punkten sehr problematischen „Wahrheiten“ abweichen, bringen damit eine verzerrtes, durch positive Voruteile geprägte Haltung zur DDR zum Ausdruck. Eine Bestätigung dieser „Wahrheiten“ dagegen gilt als Beweis, dass der Betreffende die Sache richtig sieht.

Im Detail ist die ganze Befragung bei spiegel online nachzulesen.

Dass soviele Herrn Kohl für einen DDR-Politiker gehalten haben, finde ich allerdings auch als peinlich.

Der Spiegel berichtet: „Als Klaus Schroeder und sein Team Kontakt zu den Schulen aufnahmen, hätten einige Lehrer vor allem im Osten sehr unwirsch reagiert, sagt er: „Die haben uns vorgeworfen, wir wollten ja nur Vorurteile abfragen, und man dürfe die DDR nicht immer aus dem Blickwinkel ‚des Westens‘ beurteilen.“
Gegen diesen Vorwurf wehrt sich Schroeder energisch: Er will die DDR aus dem „Blickwinkel der Menschrechte und der Rechtsstaatlichkeit“ beurteilt wissen. Für ihn gibt es vor allem eine Konsequenz aus seiner Studie: „Die Schulen und die Medien sind in der Pflicht. Wir brauchen den Mut, die DDR als das zu benennen, was sie war: eine Diktatur.“

Bescheidene Frage:

Wer hat den Mut – hierzulande und heute – die Bundesrepublik als das zu benennen, was sie ist: eine Diktatur des Kapitals? (Aber das Volk hat ihr zugestimmt. Schließlich leben wir heute in einer Demokratie. Super, dann ist ja alles in Ordnung.)

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hierzu aktuell

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Klausi’s Kommentar: Mobilteil ruft Basisstation

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Eigentlich hätte ich ja gewettet, dass das nun nichts mehr wird mit der neuen Telefonanlage.
Aber Menschen sind offenbar eine sehr geduldige Spezies. Zumindest Papas.
Aber der hat in der Sache sowieso den Vogel abgeschossen.

Hatten sich eine teure neue Telefonanlage gekauft. Erst lief alles einigermaßen, weil sie ein Fachmann eingerichtet hatte. An unserer Technikwand unter der Treppe hing nun wieder so ein kleines schwarzes Plastikkästchen mehr.

Dann kam ein neuer DSL-Anschluss, wieder ein neues Kästchen …

Papa wollte nach der DSL-Installation die Technik-Ecke mal richtig aufräumen und warf alles weg, was wir nicht mehr brauchten.

Dann passierte es: unser Telefon blinkte und verlangte mit sturer Boshaftigkeit nach einer Basis. Eben hatte es noch funktioniert! Das gab es doch nicht! Erfreulicher Weise tat es das gute alte analoge Telefon noch. Dort allerdings funktionierte der Anrufbeantworter nicht: Die Leute zwar sprachen rein, aber wir konnten die Anrufe nicht abhören.

Aber was soll’s? Früher hatten die Leute schließlich überhaupt kein Telefon!

Monate vergingen. Mama verbrachte Nachmittage damit, die Anlage neu an die Basis anzumelden. Aber nichts passierte. Papa versuchte es schließlich auch mal 1 ganze Stunde lang – umsonst. Das Mobilteil rief verzweifelt und stur, um nicht zu sagen es jammerte nach seiner Basisstation.
Jetzt bemühten sich die Alten dann doch endlich um fachliche Hilfe.
Der erste technisch versierte Mensch, dem sie ihr Leid klagten, sah das jammernde, beklagenswerte Mobilteil an und behauptete, wir hätten gar keine Basisstation. Mama wäre fast aus der Haut gefahren. Schließlich hatten wir sie vor einem Jahr gekauft. Sie war ziemlich teuer gewesen. Sie hing unten, war eines der vielen schwarzen Kästchen an der Technikwand.
Schließlich fing es an zu dämmern. Die unglaubliche Behauptung des Technikers, wir hätten wohl die Basisstation weggeworfen, für die meine Mama ihm fast eine geklebt hatte (Wer ist denn so blöd und wirft seine Basisstation weg!!??? Will der uns verarschen?), sie stimmte doch. Am Ende eines langen Bewusstwerdungsprozesses gestand Papa sich und Mama schließlich ein, dass er wohl das falsche Kästchen entsorgt haben musste damals.
Unser Telefonmensch, der vor einem Jahr das Telefon eingerichtet hatte, konnte schließlich die traurige Tatsache nur bestätigen.

Wir kauften also eine neue Basisstation, diesmal mit 2 Mobilteilen. Aber der Telefonmensch hatte offenbar keine Zeit mehr für uns. Vielleicht waren wir ihm unheimlich, Leute die es schaffen ihre Basisstation zu entsorgen! Wieder warteten Mama und Papa mehr oder weniger geduldig einige Monate, telefonierten bescheiden mit dem alten Exemplar und entschuldigten sich bei den empörten Anrufern, dass wir auf ihren Text auf dem Anrufbeantworter nicht reagiert hatten….

Und dann machten sie sich eines Tages an einem nassen, kalten Novembersonntag daran, die neue Anlage selber zu installieren.
Und nach etwa 2 Stunden klingelten beim Kontrollanruf auf einmal ganze 4 Telefone, auch das analoge Telefon und sogar das gebeutelte, unverstandene rote Mobilteil. Auf dem Bild seht ihr uns zwei, wir haben Freundschaft geschlossen in dieser harten Zeit der Ignoranz…..
Jetzt haben wir in jedem Raum ein Telefon. Und Papa wird hoffentlich nie mehr ein schwarzes Kästchen wegwerfen……

 

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Bienenmuseum Oberweimar

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Vor dem Bienenmuseum in Oberweimar sitzen Leute und genießen die letzten warmen Sonnenstrahlen dieses Jahres. Hier blühen wirklich am 1. November noch Blumen und allein das Wort Bienenmuseum lässt mich an warme Sommertage denken, an das satte Brummen von Hummeln, an das Summen der Bienen in der Sonne.

Heute schien es mir zum ersten Mal in diesem Herbst richtig kalt und eisig zu sein. Der Wind schneidet ins Gesicht, sogar Hagel kam heute runter. Der Wintereinbruch scheint unmittelbar bevor zu stehen.
Dabei wird es jetzt noch 6 Wochen lang jeden Tag früher dunkel! Wie schön, dass die dunkelste und die kälteste Zeit bei uns nicht wirklich zusammen fallen. Wenn es im Februar richtig vor Kälte knacken sollte, sind die Abende schon wieder heller als heute….

 

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Doris Lessing: Das Leben meiner Mutter

Als die erstaunliche Tatsache bekannt wurde, dass Doris Lessing den Literaturnobelpreis erhalten hat, habe ich meinen Bestand ihrer Werke in unserer Gartenhäuschen-Bibliothek gesichtet und dann bei Amazon so allerhand nachgekauft, was ich noch nicht hatte und auch noch nicht kannte.

Unter anderem „Das Leben meiner Mutter“ („impertinent daughters“, 1985)

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Nun ist sie wahrhaftig nicht die erste und einzige, die sich dieses Thema gewählt hat. In bester Erinnerung ist mir – um nur ein Beispiel zu nennen – das gleichnamige Buch von Oskar Maria Graf. Aber hier schrieb ein Sohn, der seine Mutter geliebt hat.
Mit Doris Lessing, das war mir klar, da ich ihre Autobiografie „Unter der Haut“ gelesen habe, schrieb eine Tochter, die in ihrer Kindheit und Jugend und auch noch weit ins Erwachsenenalter hinein ihre Mutter gehasst, sich von ihrer emotionalen Erpressung ausgesaugt und von ihrer aufdringlichen und gängelnden Fürsorge bedroht gefühlt hat. Und dieser Blickwinkel ist mir schon viel vertrauter. Ich habe  es erst mit 52 Jahren geschafft, etwas zu schreiben, mit dem ich  dem Leben meiner Mutter
nicht nur mit Angriffen und Vorwürfen sondern auch mit Verstehen und Nachsicht begegnet bin.

So klar und radikal wie es Doris Lessing hier geschafft hat, ist es mir sicherlich nicht gelungen. Die versucht nicht nur ihre Mutter als Mensch zu begreifen, sie versetzt sich auch in ihre Mutter hinein und versucht zu verstehen, wie sie als Kind, als junges Mädchen, als junge Frau auf ihre Mutter gewirkt hat, wie sie sie verletzt haben wird.

Der Klappentext bringt es gut auf den Punkt: „Sie beschreibt, ratlos noch heute, wie unerträglich ihre Mutter war und wie unerträglich sie, die Tochter.“

Doris Lessing hat dieses Buch 1985 geschrieben, also etwa mit 66 Jahren. Das Büchlein ist sehr dünn. Man merkt es und sie gibt es freiwillig zu, wie schwer es ihr auch damals noch fiel, über ihre Mutter nachzudenken, über sie zu reden. Sie zwingt sich dazu wie zu einer Pflicht, der Pflicht, dieser Frau endlich gerecht zu werden.

Und mit dem Abstand ihrer 66 Jahre hat sie begriffen, dass wir letztlich das gleiche tun, wie unsere Eltern, die gleichen Träume träumen, die gleichen Fehler machen, dieselben Hoffnungen begraben und wenn wir Glück haben, jemanden finden, der uns ein bisschen liebt…. Aber das sind nicht immer unsere Kinder.

„Anscheinend habe ich ein Leben dazu gebraucht, meine Eltern zu verstehen, von einer Verwunderung in die andere stolpernd. Es gibt einen Geheimnisvollen Vorgang, der erschreckend ist, da sich daran überhaupt nichts ändern lässt: er führt dich aus grimmiger Jugendzeit – als stünden sich die Eltern und du schwer bewaffnet auf einem Schlachtfeld gegenüber – dorthin, wo du im Geist jederzeit den Platz einnehmen kannst, auf dem sie selbst einstmals standen“

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